Heinz Fischer „Demokratie ist ein heikles Gut und nicht unzerstörbar“
1938. KURIER-Schau-TV-Gespräch mit dem Altbundespräsidenten und Beauftragten für das Gedenkjahr
Vor genau achtzig Jahren rang Österreich mit NaziDeutschland um seine Existenz. Am 12. Februar 1938 wurde Ständestaat-Kanzler Kurt Schuschnigg zu Hitler zitiert, am 12. März schickte Hitler Truppen, am 13. März war der „Anschluss“an NaziDeutschland vollzogen. Der Beauftragte der Bundesregierung für das Gedenkjahr, Alt-Bundespräsident Heinz Fischer, gab dem KURIER ein detailreiches Interview zu den einschneidenden Vorgängen. Eine Lehre aus der Geschichte sei: Eine Gesellschaft müsse „-ismen“wie Rassismus und Antisemitismus „stets auf Distanz halten“, denn der Mensch sei „zu Gutem und Schlechtem fähig“. Und: Demokratie sei „nicht unzerstörbar“.
Ein wichtiges Bezugsdatum für das heurige Gedenkjahr ist 1938. Vor achtzig Jahren hörte Österreich zu existieren auf. Das Ringen zwischen dem Wiener Ständestaat-Regime und dem Berliner Nazi-Regime über Österreichs Existenz fand zwischen dem 12. Februar und 12. März 1938 statt und endete mit dem Einmarsch der deutschen Truppen.
Wie es zur Annexion Österreichs kam, ist erforscht – aber die Beschäftigung mit Geschichte hört dennoch nie auf. „Es wird immer wichtig sein, die Geschichte in Beziehung zur Gegenwart zu setzen“, sagt Alt-Bundespräsident Heinz Fischer.
Fischer ist RegierungsBeauftragter für dasGe denk jahr 2018. Als solcher gab er KURIER-Herausgeber Helmut Brandstätte rein ausführliches Interview zum Thema 1938, bei dem spannende Details zur Sprache kamen, die nicht sehr bekannt sind.
Zum Beispiel berichtet Fischer von Erzählungen des früheren Spitzen gewerkschafters Frie dr ichHille geist, wonach es Bemühungen gab, einenö st err ei chi- schen Schulterschluss von Christlichsozialen und Gewerkschaften gegen Hitler zu bilden. Das ist insofern bemerkenswert, als das christlichsoziale Regime damals ja die sozialdemokratische Partei verboten und deren Führungspersonal eingesperrt hatte. Der Schulterschluss gelang bekanntlich nicht, aber Fischer ist überzeugt, dass er ohnehin nichts gebracht hätte: „Hitler war wild entschlossen. Er wollte auf den Schatz der Nationalbank zugreifen, und er brauchte die Österreicher für sein Heer.“
Der Alt-Bundespräsident sucht nach Erklärungen, wie es möglich war, dass sich Hohn und Menschen verachtung über Juden aus gossen, die kurz zuvor noch die Nachbarn von nebenan waren. „Man muss sich bewusst sein, dass der Mensch ein Wesen ist, das zu unglaublich Gutem und zu unfassbar Schlechtem fähig ist.“Eine Gesellschaft müsse stets danach trachten, „-ismen“wie Antisemitismus, Rassismus „auf Distanz zu halten“.
Eine weitere Lehre sei: „Die Demokratie ist ein heikles Gut, das mit Vorsicht behandelt werden muss und nicht unzerstörbar ist.“
Fischer betont auch die Verantwortung von Medien und lobt den KURIER für sein Engagement.
Das Interview mit Heinz Fischer können Sie auf Schau TV sehen: Donnerstag, den 22. Februar, um 20.30, 22.30 und 00.30 Uhr Freitag, den 23. Februar, um 10.30, 15.30 und 17.30 Uhr
Heute Uhr ab20.30 auf