Nach Kritik kommt ein entschärfter „Bundestrojaner“
Sicherheitspaket 2.0 Grünes Licht nun auch von Blau für Schnüffelsoftware. Technische Lösung bleibt unklar.
Als„ Papier der Grässlichkeiten“und„ DDR4.0“be zeichnete der damaligeFPÖ- Generalsekretär Herbert Kickl das geplante Sicherheitspaket von Rot-Schwarz. Jetzt, ein halbes Jahr später, ist Kickl Innenminister, und sagt :„ Ich habe mich von Experten eines Besseren belehren lassen. Und es ist ja nicht verboten, gescheiter zu werden.“
Das Sicherheitspaket, das im Vorjahr von der ÖVP forciert und von SPÖ undFPÖ einhellig abgelehnt wurde, wurde am Mittwoch im Ministerrat beschlossen und soll ohne weitere Begutachtung noch im ersten Halbjahr im Parlament beschlossen werden. Die Regierung will damit unter anderem eineÜb er wachungs lücke beider internet basierten Kommunikation schließen–Stichwort W hat sAppundSkype.
Erst ab zehn Jahren
Weil das Vorhaben umstritten ist, verspricht Justizminister Josef Moser Transparenz und Rechtsschutz: Die Überwachung von WhatsApp soll erst beim Verdacht au feine Straftat möglich sein, die mit mehr als zehn Jahren Haft bedroht ist. Vorher waren es drei bis fünf. Bei Delikten gegen Leib und Leben bzw. Sexualstraftaten liegt die Strafhürde schon bei fünf Jahren.
Auch Kickls DDR-Kritik wurde der Wind aus den Segelngenommen: DieÜberwachung soll es nur mit richterlicher Bewilligung nach einem begründeten Verdacht geben.
Laut Ministerium soll gleich zu Beginne in Rechtsschutz beauftragter in die geplanten Maßnahmen eingebunden werden. Ist er der An Überwachung: sicht, diese seien nicht gerechtfertigt, kann er Beschwerde einlegen oder einen Sachverständigen zuziehen.
Ein weiterer wesentlicher Kritikpunkt war stets, dass der Bundestrojaner – wenn er erst implementiert ist – unbegrenzt Daten vom Handy der Verdächtigen absaugen kann. Also auch Fotos, Notizen, etc.
In nächster Zeit werde man sich verschiedene Software-Lösungen anschauen, die in anderen Ländern im Einsatz sind, und das für Österreich geeignete Modell auswählen, hieß es bei der Präsentation der Pläne durch Moser und Kickl.
Überwacht werden solle ausschließlich die Kommunikation Verdächtiger und deren G eo-Daten zur Standort feststellung. Zudem müssesic hergestellt werden, dass nur die Zielperson und nicht deren Umfeld bewacht wird –auch wegen diesem Unsicherheitsfaktor gab es im Vorjahr heftige Bedenken.
Dennoch gibt es weiterhin Kritik, namentlich von Grünen und Neos: „Ein Trojaner ist ein Trojaner, da gibt es nichts zu beschönigen“, sagt Neos-Justizsprecher Nikolaus Scherak. Er befürchtet die Beschneidung von Freiheitsrechten zum „Preis der Pseudo-Sicherheit“.
Neben dem entschärften Bundestrojaner kommen nun bekannte Punkte aus dem rotschwarzen Sicherheitspaket, wie der sogenannte „Quick Freeze“. Dabei handelt es sich um eine anlassbezogene Datenspeicherung in Verdachtsfällen (eine Art „Vorratsdatenspeicherung light“). Weiters sollen die Behörden ZugriffaufdieVideo- undTonüberwachung von Verkehrsbetrieben und Flughäfen bekommen. Zudem soll die Erkennung von Autokennzeichen ausgebaut werden. Vorgesehen ist auch, dass Polizeieinsätze, die mutwillig falsch ausgelöst wurden, vom Verursacher bezahlt werden.
Wie vor allem der Bundestrojaner technisch umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Die IT im Innenministerium steht derzeit wegen der Server-Abstürze beim Anti-RauchVolksbegehren in der Kritik.