Vom Pioniergeist der Revolution hin zur Selbstverständlichkeit
Staatsoper. William Christie dirigiert ab 24. Februar Händels „Ariodante“und gibt damit sein Debüt.
Wenn die Wiener Philharmoniker auf einer langen Reise sind (siehe unten), wird der Graben im Haus am Ring bekanntlich von einem anderen Klangkörper in Besitz genommen. Im konkreten Fall von dem Originalklang-Ensemble Les Arts Florissants und seinem Gründer und Chef William Christie. Mit Georg Friedrich Händels 1735 uraufgeführter Oper„ A rio dante“gibt der Pionier der Original klang bewegung nun im Alter von 73 Jahren sein Debüt an der Staatsoper.
Gesenkter Graben
„Das ist für mich schon etwas Besonderes“, sagt Christie im KURIER-Gespräch. „DenndieStaatsoperisteines der größten Häuser der Welt.“Und ja: „Das Haus ist ideal für ein Originalklangorchester. Als ich ankam, war ich erstaunt, wie hoch der Graben hier eingestellt ist. Wir mussten ihn sogar senken, sonstwäredasOrchester viel zu laut gewesen.“
Mit den Sängern hat der gebürtige Amerikaner mit Lebens mittelpunkt Frankreich „intensiv an der Phrasierung, an den Dialogen gearbeitet“. Christie: „Gerade Händel erfordert ein intensives Studium, um alle Klangfarben, alle Nuancen dieser wunderbaren Musik zur Geltung zu bringen.“
Doch wie sieht Christie, der im Sommer beiden Salzburg er Festspielen auch Monte verdis„ L’ in coronazionedi Poppea“dirigieren wird, den Weg der Original klang bewegung? „Als ich 1979 Les Arts Florissants gegründet habe, war das noch eine Revolution. Ähnlich dem, was Nikolaus Harnoncourt mit seinem Concentus geleistet hat. Heute ist der Originalklang nicht mehr die Ausnahme, sondern eine Selbstverständlichkeit. Wir haben das Publikum dafür. Die Menschen sind neugierig auf all diese wundervollen Werke, die sie vorher vielleicht gar nicht kannten. Dank der Originalklangbewegung kann man sie jetzt authentisch hören.“
Würde es Christie nicht reizen, auch einmal eine Oper wie „Carmen“zu dirigieren? „Ich würde das lieben. Aber nein. Das können andere besser. Karajan etwa war einer der größten Dirigenten. Oder Leonard Bernstein. Was sie auf ihrem Gebiet geleistet haben, ist unglaublich. Aber: Ob Karajan ein guter Händel-Interpret gewesen wäre, wage ich zu bezweifeln. Umgekehrt gilt das auch für mich. Aber keine Angst: Es gibt noch so viel Barockmusik zu entdecken.“