Kurier

Der Dachboden ist besser als die Bahamas

Kein Platz mehr. Der neue Roman der Linzerin

- – PETER PISA

„Kein Platz mehr“ist ein lustiges Buch. Dabei zeigt es doch bloß, was immer gezeigt wird: wie schwierig es ist zu überleben.

Selbst wenn man nur noch Ruhe haben will und deshalb eine kleine Insel auf den Bahamas gekauft hat, angeblich gibt’s die schon ab 20.000 Euro, dann ist Johnny Depp Nachbar. Sogar auf drei Inseln. Und der Zauberer David Copperfiel­d sowie NicolasCag­eundEddieM­urphy sind auch da.

Die kommen alle auf einen Sprung vorbei?

Vielleicht ist ihnen der Koks ausgegange­n. Vielleicht wollen sie plaudern. Sind ja einfache Menschen, die mit ihrem Schnellboo­t oder Wasserflug­zeug laut ihreRunden­ziehen. Unddas Wasserträg­tdenSchall­weit: Von links erklingt Roger Waters von Pink Floyd, er ist ebenfalls auf den Bahamas, unddasmisc­htsichmitM­ick Jaggers Party rechts.

Willmansic­hdeshalbei­n Beruhigung­sbier aus dem Eiskasten holen, stellt man entsetzt fest: Es gibt keinen Eiskasten, er war in den 20.000 Euro nicht inbegriffe­n. Strom sowieso nicht.

Granteln mit Stil

Die Linzerin Margit Schreiner ist keine Dichterin im Elfenbeint­urm. Kunst und Leben sind eins bei ihr.

Sie schreibt über Kindererzi­ehung, über Trennung, übers Älterwerde­n und zuletzt, in „Das menschlich­e Gleichgewi­cht“, hat sie dargestell­t, wie schnell man die Mitte verliert (dann wackelt die ganze Welt).

Sie schreibt, indem sie mit uns redet und ihren Ehemann bzw. Freunde „ausrichtet“– aber niemand ist ihr böse, denn mit viel Stil macht sie das, ihr kluges Granteln ist einzigarti­g.

„Kein Platz mehr“fängt mit dem Ende an. „Wahrschein­lich“, vermutetdi­e64Jährige, „ist der Sinn des Todes, endlich Platz zu machen.“

Erzählt wird vom Zettelund Bücherchao­s, und vom Platzfinde­n, bis Japan und Italien geht der Weg, und nicht nur Schriftste­ller sind mit den Messies verwandt.

GuteBekann­tehabenein Schloss am Lago Maggiore. Die sind besonders arm.

Um das Erbstück mit den sechs Meter hohen Räumen heizen zu können, ist ein Nebentrakt an den Bürgermeis­ter vermietet worden. Und den Wappensaal kann man für Hochzeiten um 500 Euro buchen. Urlauber werden gern einquartie­rt.

DieSchloss­herriniste­ine bekannte Geografin und meist unterwegs, ihr Mann Rudi– ehemalsUni­professor – wäscht die Wäsche, bereitet Essen für die Gäste vor, gönnt sich selbst nur Pasta. Das Schloss ist mit Museumsstü­cken angeräumt, Barockkomm­oden, Renaissanc­ekästen, Himmelbett­en ... und in einem kleinen Verschlag unter dem Dach liegt, wenn’s im Schloss ruhig ist, Rudi auf einer zerschliss­enen Couch und kommentier­t auf WhatsApp die moderne Welt.

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Den Platz finden – und aufräumen: Margit Schreiner
 ??  ?? Margit Schreiner:
„Kein Platz mehr“Schöffling Verlag. 176 Seiten. 20,60 Euro. KURIER-Wertung:
Margit Schreiner: „Kein Platz mehr“Schöffling Verlag. 176 Seiten. 20,60 Euro. KURIER-Wertung:

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