„Bei uns weiß jeder, wie weit er gehen kann“
Langlauf-Familie. Trainer-Vater Alois und Tochter Teresa Stadlober erklären, wie sich professionelle Arbeit im täglichen Training und Harmonie in der Familie vereinen lassen.
Alois Stadlober hat bei Olympia viel um die Ohren. Der 55-Jährige analysiert im
ORF die Langlaufbewerbe, dazu trainiert er seine Tochter Teresa (25) und bereitet sie auf das abschließende 30-Kilometer-Rennen am Sonntag vor. Ein Interessenskonflikt? Nein, eine Erfolgsgeschichte. Teresa Stadlober zählt heute im Langlauf zur Weltklasse, wie nicht zuletzt die ersten Stockerlplätze in diesem Winter beweisen. Der KURIER bat die Familie Stadlober zum Interview. KURIER: Wie leicht, oder besser, wie schwierig ist es, wenn der Vater zugleich der Trainer ist?
Teresa Stadlober: Obwohl wir sehr viel Zeit miteinander verbringen, schaffen wir es im Großen und Ganzen eigentlichsehrgut. Klarkommt es immer wieder einmal zu Diskussionen.
Wann zum Beispiel?
Alois: Meistens in der Loipe. Ichbineiner, dereinfachsagt, wenn mir etwas nicht passt oder wenn ich irgendeinen Fehler sehe. In ihren Augen mache ich das anscheinend ab und an zu lange.
Teresa: Stimmt. Da hat’s einmal ein Training gegeben, in demichihmschoneinmalklipp und klar gesagt habe: ,Jetzt bitte hör’ einmal auf damit.’
Alois: UndaufdiesenTuscher hinaus bin ich dann still und haltdannauchsofortmeinen Mund. Bei uns weiß jeder, wie weit er gehen kann.
Und wo werden diese Probleme dann ausgeräumt? Bei Tisch?
Teresa: Es ist sicher von Vorteil, dass bei uns jeder seine Meinung sagen darf. Da wird dannzwangsläufigauchsehr viel diskutiert. Meistens ist danngleichdieganzeFamilie involviert. Bei uns ist ja doch jeder im Sport daheim.
Alois: Ich sage immer: Man trifft sich am Mittagstisch wieder, man kann sich nicht aus dem Weg gehen. Und deshalb kann ich nicht mit ihr auf der Loipe streiten, und dann machen wir daheim auf heile Familie. Das geht nicht.
Was ist der Vorteil, wenn der Vater der Trainer ist?
Teresa: Ich denke in erster Linie, dass der Papa selbst einmal ein Weltklasse-Langläufer war und einfach weiß, wovon er spricht.
Alois: Esistjetztsichernichtso, dass ein Ex-Sportler automatischaucheinguterTrainerist. Was ich aber schon sehe: Wenn Krisensituationen sind, wenn es einmal eng her geht, dann kann ich einfach auf meinen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Das ist sicher ein Vorteil. Und dann kommt natürlich noch etwas dazu.
Was denn?
Alois: Ich kenne die Teresa in- und auswendig. Ich sehe ihr an, wie sie sich fühlt und was sie gerade beschäftigt. Ichweiß, wasichihrzumuten kann und was sie braucht.
Und was braucht sie?
Alois: Vielleicht denke ich als Vater anders als ein normaler Trainer. Wir trainieren deshalb auch nicht stur nach einem Trainingsplan. Viele, die dafür das Gefühl nicht haben, machen dann vielleicht den Fehler, dass sie zu viel wollen. Dass sie dem Sportler zu viel zumuten. Ich kann nur so viel sagen: Ich selbst habe als Langläufer so viel falsch gemacht, dass ich diese Fehler jetzt nicht wiederholen lassen will.
Ist der Vater also glaubwürdiger als ein anderer Trainer?
Teresa: Definitiv. DerPapahat das jahrelang gemacht und auch sehr erfolgreich praktiziert. Ich vertraue ihm einfach. Ich vertraue ihm, dass er das Beste für mich will. Er sagt ja selbst, dass er Fehler gemacht hat.
Welche Fehler denn?
Alois: Ich habe vor allem viel zu viel trainiert. Jeder meint, dass er im roten Bereich trainieren muss, weil ihn das stärker macht. Aber das ist ein Blödsinn. Was die Intensität betrifft, braucht mir keiner was erzählen. Da höre ich inzwischen auf kein Lehrbuch mehr, da machen wir einfach das, was wir für richtig halten.
Sind Sie denn stolz, dass Ihre Kinder Teresa und Luis im Langlauf gelandet sind?
Alois: WirhabendenKindern vonkleinaufallesangeboten. Unswarnureigentlichimmer nur wichtig, dass sie Sport betreiben. Dass sie jetzt im Langlauf gelandet sind und beide hier bei Olympia sind, macht uns alle schon ein bisschen stolz.
Warum sind gerade in AusdauerSportarten in Österreich viele Kinder ehemaliger Top-Athleten zu sehen?
Alois: Ich glaube, dass Kinder dann erfolgreich sind, wenn ihre Eltern das mittragen, unterstützen und auch wertschätzen, was sie machen. Wir haben das immer getan.