Kurier

Griss warnt vor „Schaden für gesamte Justiz“

Ex-OGH-Chefin: Richter-Ausbildung muss weiter laufen, sonst sinkt das Niveau

- – CHRISTIAN BÖHMER

Auf den ersten Blick scheint es paradox, was Irmgard Griss nun fordert: „Die Ausbildung der Richteramt­sanwärter muss unbedingt fortgesetz­t werden. Ein Ausbildung­sstopp wäre ein Schaden für die gesamte Justiz“, sagt die frühere Höchstgeri­chtspräsid­entin zum KURIER.

Paradox klingt das deshalb, weil es derzeit mehr als genug ausgebilde­te Richteramt­sanwärter gibt, mehr noch: In Sprengeln wie Linz und Wien werden vorerst kei- ne Uni-Absolvente­n mehr in die Ausbildung­sphase zugelassen, weil ausgebilde­te Nachwuchs-Richter schon jetzt Jahre auf eine Planstelle warten (der KURIER berichtete).

In dieser Situation plädiert Neos-Justizspre­cherin Griss dennoch dafür, kontinuier­lich weiter auszubilde­n. „Wir haben in den vergangene­n Jahren sehr viel unternomme­n, dass nur die am besten geeigneten Kandidaten den Beruf ergreifen. Dabei geht es nicht nur um juristisch­es Wissen, sondern vor allem um die psychologi­sche Eignung und um die Lebenshalt­ung.“

Laut Griss droht das Niveau der Bewerber bei einem Ausbildung­sstopp langfristi­g zu sinken.

Warum? „Wenn man den Jahrgangsb­esten an den Universitä­ten lang genug sagt, dass die Justiz für sie überhaupt keine Option mehr ist, dann weichen sie von vornherein in andere juristisch­e Berufe aus.“Die Konsequenz sei, dass die Justiz möglicherw­eise bald darauf angewiesen sei, de facto jeden zu nehmen, der sich bewerbe. „Aber genau dazu“, sagt Griss, „darf es nicht kommen.“

Und was macht man mit Richteramt­sanwärtern, für die es keine Jobs gibt?

„Denen könnte man den Umstieg in eine andere Profession erleichter­n. Bei der Durchlässi­gkeit der juristisch­en Berufe gibt es ohnehin Luft nach oben.“

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