Vom Fußballkrieg und vom Ärger über Bruno Kreisky
Buchtipp. ORF-Korrespondent Ben Segenreich erzählt Geschichte und Geschichten aus Israel.
Israel hat Kriege erlebt, hat seit sieben Jahren einen Krieg vor der Haustür (Syrien) und lebt mit der ständigen Bedrohung – da ist ein „Fußballkrieg“, wie er zwischen Israel und Österreich im Jahr 2001 stattfand, ein Aperçu. Aber ein pikantes.
Nicht zuletzt durch die Regierungsbeteiligung der FPÖ im Kabinett Schüssel war die Stimmung zwischen Jerusalem und Wien wenig harmonisch. Und dann drängten die österreichischen Kicker angesichts des Alltagsterrors in Israel auch noch darauf, ein entscheidendes Spiel in der Qualifikation zur Fußball-WM nicht in Tel Aviv stattfinden zu lassen. Zorn und Häme der Sportpresse ergossen sich über die österreichischen Angsthasen. Das Spiel wurde vier Wochen verschoben, fand aber dann doch im Ramat Gan Stadion bei Tel Aviv statt.
Die Österreicher – geschwächt durch neun zu Hause gebliebene Stammspieler – erzitterten sich ein Unentschieden in fast letzter Minute. Israels WM-Traum war geplatzt (der von Rotweiß-rot platzte später). Der Frust des Publikums entlud sich an den ORF-Reportern, die in ihrer Kommentatorenbox mit Steinen, Flaschen
und Orangen beworfen wurden und – legendär – minutenlang „live“berichteten .
Es sind Geschichten wie diese, die der ORF-Korrespondent Ben Segenreich und seine Frau Daniela in ihrem Buch „Fast ganz normal – unser Leben in Israel“erzählen. Und es sind hochpolitische Erinnerungen und Rückblicke, die der vor 35 Jahren nach Israel ausgewanderte Segenreich präsentiert. Etwa Rückblicke auf Bruno Kreisky, dessen bizarres Verhältnis zum Staat Israel („Wenn die Juden ein Volk sind, dann ist es ein mieses Volk“) dort mehr Missfallen erregte als die Affäre Waldheim oder die Umtriebe der FPÖ. „Kreisky tangierte Israels Interessen und zugleich dessen Seele“, schreibt Segenreich – die Interessen, weil Österreichs Sonnenkanzler Jassir Arafat salonfähig machte; die Seele, weil der Kanzler jüdischer Herkunft Israel gegenüber einen „erstaunlichen Ton anschlug, wie er für einen demokratischen Politiker sogar gegenüber Feinden unüblich ist.“
Geschichten über täglichen Sirenenalarm oder deutsche Einsprengsel in der hebräischen Sprache runden das vergnüglich zu lesende Buch ab. Ben & Daniela Segenreich: „Fast ganz normal Unser Leben in Israel“, Amalthea, 224 Seiten, 25 Euro