Kurier

Boxen gegen den IS

Mike Tyson musste gestern kurzfristi­g w. o. geben. Doch seine Kollegen gewinnen den Kampf gegen Gewalt an Wiener Schulen auch ohne ihn.

- VON UWE MAUCH

Die großen Sensatione­n sind oft die kleinen: Für Mittwoch vormittag ward er Besuch des ehemaligen US-Boxers Mike Tyson in einer Neuen Mittelschu­le in der Nähe vom Kagraner Platz angekündig­t. Doch schon in Paris musste „Iron Mike“aufgeben. Seinen Antritt in Transdanub­ien wussten streikende Mitarbeite­r der Air France zu verhindern. Tyson war außer Gefecht, bevor er noch hier seine Show abziehen konnte.

Das Nichtersch­einen des 51-jährigen Boxpension­isten und Fans des Vereins „ Not in God’s Name“(„Nicht in Gottes Namen“) hat dessen Initiatore­n mehr betrübt als die Schüler. Die waren selbst bei Tysons wenig erfolgreic­hen Comeback-Versuchen noch nicht einmal geboren.

Laufen statt hinhauen

Die Schüler der NMS in der Afritschga­sse hatten Tyson auch deshalb schnell vergessen, weil heimische Kampfsport­ler seine Lücke gut zu füllen wussten. Und wer diesen Vorbild-Athleten zwei Unterricht­sstunden lang zuhörte, wurde reich belohnt.

Sie erzählten aus ihrem Leben. Wie sie trainieren, wie sie Erfolge feiern, auch, wie sie mit Phänomenen des Alltagsras­sismus umgehen. Einhellige­r Tenor: Gewalt mit Gewalt zu beantworte­n, ist keine geniale Idee.

Karim Mabrouk, eine Art David Alaba in der Riege der österreich­ischen Kick-Boxer, spricht leise. Dennoch hören die Schüler jedes einzelne Wort. Er erzählt ihnen von einem siegreiche­n Kampf in Paris: „Ich war gerade auf dem Weg zum Hotel, da stänkerte mich ein Betrunkene­r an. Er beschimpft­e mich auf Arabisch und begann gegen mich zu treten. Daher lief ich los. Ich habe meinen Lauf zum Hotel als Training begriffen, bei dem ich auch noch Gewicht verlieren konnte.“

Mabrouk hat bisher gut 50 Workshops in Schulen gehalten. Er macht das gerne, weil er auch hier nur gewinnen kann: „Wenn die Kinder wieder einmal die Schulglock­e nicht hören, dann haben wir etwas geschafft. Ich will ihnen einen Weg vorzeigen. Es geht um Toleranz anderen Menschen gegenüber.“

Alexander Karakas nickt. Noch immer ein wenig gezeichnet von der Tyson-Absage, begreift der Gründer der Initiative allmählich, dass ihm auch hier in der Afritschga­sse ein schöner Coup gegen die Gewalt gelungen ist.

Am Ende: Spomenko

Das Schlusswor­t blieb dort Spomenko Kovačević vorbehalte­n. Der Mann mit den eventuell mächtigste­n Oberarmen von Wien und Umgebung ist durchaus gefürchtet, wenn er in den Ring steigt. In einer Kampfsport­art, die sich Krav Maga nennt und bei der nicht unbedingt die feine Klinge zum Erfolg führt.

Doch wenn sich „Spomenko“für die Anti-GewaltInit­iative bärenstark macht, spricht aus ihm die Stimme des sorgsamen Familienva­ters: „Das Leben ist ein Weg, und irgendwann müssen wir zurückscha­uen und prüfen, ob wir gewonnen haben.“Im Turnsaal wurde dann geübt: alles, nur nicht hinhauen.

 ??  ?? Kein Kinnhaken in Transdanub­ien: Der amerikanis­che Box-Pensionist Mike Tyson ist erklärter Fan einer Wiener Anti-Gewalt-Initiative. Auf seinem Weg nach Wien knockte ihn allerdings die Air France aus
Kein Kinnhaken in Transdanub­ien: Der amerikanis­che Box-Pensionist Mike Tyson ist erklärter Fan einer Wiener Anti-Gewalt-Initiative. Auf seinem Weg nach Wien knockte ihn allerdings die Air France aus
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Alternativ­programm: Karim Mabrouk lässt die Schüler schwitzen

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