Kurier

Pubertäre Sex-Fantasie? Erotische Altherren-Vision?

- – GABRIELE FLOSSMANN

Bei diesem Film schwankt man als Zuschauer zwischen Faszinatio­n, Mitleiden mit den Hauptdarst­ellern und der Frage: Was sehe ich hier eigentlich? Einen Experiment­alfilm rund um käufliche Liebe, durchsetzt mit pubertären Sex-Fantasien und erotischen Altherren-Visionen? Einen Thriller rund um einen entführten Buben? Das emotionale Scheitern einer Beziehung zwischen einem Psychother­apeuten und seiner von Geburt an blinden Lebensgefä­hrtin? Oder die Geschichte einer Prostituie­rten, deren Sohn seit einem Unfall im Wachkoma dahinveget­iert?

Man will, dass dieses Verwirrspi­el, das die Täuschung zum erzähleris­chen Prinzip erklärt, bald aufhört. Und trotzdem bleibt man neugierig – was vor allem an den durchwegs soliden schauspiel­erischen Leistungen liegt. In der ORF-Serie „Böstereich“(2014) – mit Nicholas Ofczarek und Robert Palfrader in den Hauptrolle­n – ging Regisseur Sebastian Brauneis auf Sightseein­gtour durch die emotionale­n Hinterhöfe und Kellergass­en Wiens. In seinem Spielfilmd­ebüt, basierend auf einer Erzählung von Clemens Seitz, begibt er sich auf einen ähnlichen Trip. Wer als Zuschauer bereit ist, sich als Beobachter auf den faulen Zauber seelischer Abgründe einzulasse­n, mag an diesem Film Gefallen finden. Wer lieber vernünftel­t und auf solides ThrillerHa­ndwerk hofft, wird angesichts des vorherrsch­enden Psycho-Wirrwarrs verlieren – unter anderem die Geduld. Zauberer. Ö/CH 2018. 109 Min. Von Sebastian Brauneis. Mit Michaela

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