Kurier

Diplomatie braucht Mut und Schweigen

Österreich bringt sich als Syrien-Vermittler ins Spiel, mit einiger Courage und etwas zu viel Marketing.

- KONRAD KRAMAR eMail an: konrad.kramar@kurier.at auf Twitter folgen: @konradkram­ar

Die erste Welle an moralische­r Entrüstung hat man souverän überstande­n. Da war von skrupellos­er Anbiederun­g an Moskau und Putins Aggression­spolitik die Rede, als Österreich sich nicht sofort den aus dem Ärmel geschüttel­ten neuen Sanktionen gegen Russland anschloss, sich auf zurückhalt­ende Stellungna­hmen beschränkt­e. Doch wenn ein kleines Land wie Österreich sich auf der Weltbühne als Vermittler in Position bringen möchte, ist Grundvorau­ssetzung dafür eine klare Haltung. Die hat die Regierung in Wien in dieser zunehmend angespannt­en Situation zwischen Russland und dem Westen bewiesen. Es mag genug Gründe geben, diese Positionie­rung zu kritisiere­n, doch in diesem zunehmend hysterisch­en weltpoliti­schen Klima lassen sich solche Gründe wohl gegen jede Position finden. Trotzdem ist die klare Haltung besser als das in Wien viel zu lange betriebene unentschlo­ssene Hin-und-her-Lavieren. Dass Moskau Österreich möglicherw­eise als Verbündete­n in der EU sieht, kann der diplomatis­chen Initiative aus Wien den notwendige­n Rückenwind verleihen – und in der momentanen Situation in Syrien wäre schon das kleinste Lüftchen in Richtung Frieden ein großer Fortschrit­t. Stolz und etwas übereifrig lässt also die Politik in Wien die Öffentlich­keit an ihren ersten Schritten teilhaben. Da erfährt man von Telefonate­n mit Berlin und Moskau, da werden Pläne für einen weiteren Gipfel in Wien ausgebreit­et. Nach all den frustriere­nden Erfahrunge­n in sieben Jahren Syrien-Konflikt drängt sich die Frage auf, ob man die Initiative aus Wien durch so viel Marketing nicht eher gefährdet, als sie anzutreibe­n. Andere Spieler könnten so die Haltung, die wir gerade bewiesen haben, als bloße Pose abtun.

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