Ein Jahr Kurz: ÖVP überlegt Feier
Demnächst jähren sich die turbulenten Tage vom Mai 2017. Die ÖVP sucht nach einer angemessenen Form zu feiern.
An sich wäre es ja ein Leichtes, Mitte Mai gibt es im politischen Kalender der Republik seit Jahrzehnten einen Fixpunkt, der dem jeweiligen ÖVP-Chef gehörte: die Rede zur Lage der Nation.
Eingeführt hatte sie einst Alois Mock, der als damaliger Oppositionsführer gegen Kanzler Bruno Kreisky eine Bühne für einen großen Auftritt brauchte. Mock wählte Ort und Zeit des Staatsvertrags, den 15. Mai im Belvedere.
Kanzler Wolfgang Schüssel verlegte die Rede zur Lage der Nation später in die Hofburg. Schüssels Nach-Nachfolger, Vizekanzler Josef Pröll, wandelte die programmatische Rede in eine Reform-Ansage um, als Schauplatz wählte er das Finanzministerium.
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Ein Jahr Sebastian Kurz – noch ist nicht klar, wie und wann die ÖVP dieses Ereignis begehen wird. Es war auch nicht zu erfahren, ob die Tradition der Rede zur Lage der Nation in irgendeiner Form aufgegriffen wird.
Formal hat Kurz die ÖVP erst am 1. Juli 2017 auf dem Parteitag in Linz übernommen. Doch dieses Datum ist 2018 mit Wichtigerem besetzt: Österreich übernimmt am 1. Juli die EU-Präsidentschaft.
Als weiteres Datum für das Kurz-Jubiläum böte sich der 14. Mai an. Der fiel 2017 auf jenen Sonntag, an dem der ÖVPVorstand Kurz zum Parteiobmann designierte und dessen Bedingungen für eine türkise Bewegung akzeptierte.
Kompliziert wird die Sache, weil der Terminkalender des Bundeskanzlers alles andere als leer ist. In Abgeordnetenkreisen heißt es, es solle jedenfalls nicht zu früh gefeiert werden, also in zeitlicher Nähe der Rücktrittserklärung von Reinhold Mitterlehner. Die fand am 10. Mai statt.
Am 12. Mai 2017 hat Kurz das Ende der rot-schwarzen Koalition verkündet und Neuwahlen aufgerufen – auch dieses Datum wird wahrscheinlich nicht von allen als Anlass zum Feiern empfunden.