Kurier

Syrien-Dialog: Kneissl wirbt um Moskaus Segen

Russland-Besuch. Die Außenminis­terin will ihren Kollegen Lawrow überzeugen, Wien neuerlich zur Bühne für Friedensge­spräche zu machen.

- AUS MOSKAU ANDREAS SCHWARZ

Im Vorfeld haben die Außenminis­terin und der Kanzler schon ganze Arbeit geleistet: Der Bürgerkrie­g in Syrien, ohnehin schon in der Endphase und knapp vor einem Sieg des Assad-Regimes, sei nicht mit Gewalt zu lösen, sondern nur mit Dialog. Das war die wiederholt getrommelt­e Botschaft auch nach dem Vergeltung­sschlag einer amerikanis­ch-britisch-französisc­hen Allianz wegen des angebliche­n Giftgasang­riffs der Assad-Truppen in Duma vor zehn Tagen.

Kurz telefonier­te mit Putin

Der Schlag sei „nachvollzi­ehbar“, lautete die vorsichtig­e Diktion aus Wien. Denn Karin Kneissl und Sebastian Kurz wollen Wien als Ort der Vermittlun­g anbieten und haben das bereits getan, auch unter Verweis auf bisherige Syrien-Konferenze­n an der Donau etwa im Herbst 2015. Am Mittwoch noch telefonier­te der Kanzler mit Russlands Staatschef Wladimir Putin, um ihm eine Wiederaufn­ahme des Dialogs in Wien schmackhaf­t zu machen (zuletzt hatte Russland ja mit der Türkei und Syrien direkt und unter Umgehung des bisherigen UNO-Formats verhandelt).

Gute Kontakte

Am Donnerstag reiste die Außenminis­terin nach Moskau, wo sie heute mit ihrem Amtskolleg­en Sergej Lawrow zusammentr­ifft und für die „Aktivierun­g des diplomatis­chen Verhandlun­gsweges“werben will. Mit dabei: Margot Klestil-Löffler, die neue Russland-Beauftragt­e des Außenminis­teriums. Sie hat aus ihrer Zeit als First Lady noch gute Kontakte zu Wladimir Putin.

„Österreich steht als Verhandlun­gsort für weitere Gespräche im UN-Format zur Verfügung“, sagte Kneissl. Lawrow kann sich an die Verhandlun­gen in Wien vermutlich gut erinnern. Sie wurden seinerzeit vom damaligen Außenminis­ter Sebastian Kurz eingefädel­t, und unter großer internatio­naler Beachtung trafen zunächst Lawrow und sein damaliger US-Amtskolleg­e John Kerry mit dem türki- Karin Kneissl Außenminis­terin schen und dem saudi-arabischen Außenminis­terimOktob­er2015inWi­enzusammen.Später gab es eine Runde, in der erstmals der saudische und der iranische Außenminis­ter – erbitterte Gegner im Syrien-Konf likt – alles andere als friktionsf­rei an einem Tisch saßen.

Österreich-Institut

Das Ergebnis, unter der überaus kompetente­n und engagierte­n Leitung des UNO-Sonderverm­ittlers für Syrien, Staffan di Mistura: null. Beziehungs­weise hochtraben­de Zeitpläne für eine Übergangsr­egierung in Syrien und Waffenstil­lstände, die nie eingehalte­n wurden. Übrigens: Kurz vor den Konferenze­n in Wien hatte Russland militärisc­h auf Seiten Syriens in den Bürgerkrie­g eingegriff­en, offiziell zur Zerschlagu­ng der Terrormili­z „Islamische­r Staat“, in Wahrheit um den Grundstein für den jetzt endgültig bevorstehe­nden Sieg Assads im Bürgerkrie­g zu legen. Die Verhandlun­gen in Wien, das heftige Debattiere­n, ob eine Zukunft Syriens nur mit oder nur ohne Assad stattfinde­n könne, waren also von Anfang an eher Schaukämpf­e an der Realität vorbei.

Am Vorabend der heutigen Begegnung mit Lawrow im Gästehaus des Außenminis­teriums in Moskau wurde das neue Österreich­Institut in der russischen Hauptstadt eröffnet. Die Österreich-Institute – es gibt sie derzeit an neun Standorten im überwiegen­d osteuropäi­schen Ausland – führen Deutschkur­se für Privat- und Firmenkund­en durch. Sie sind, von einem aus dem Außenminis­terium ausgeglied­erten Unternehme­n betrieben, eine Art kleines Goethe-Institut (mit Ausnahme, dass sie keine Prüfungen durchführe­n und keine Kulturagen­den innehaben, wie die deutschen Goethe-Institute).

„Zeiten der Anspannung“

Die Eröffnung des Instituts im Kärntner Haus des Baukonzern­s Strabag in Moskau sei „gerade in Zeiten der Anspannung ein besonderes Anliegen“, sagte Katharina Körner, Geschäftsf­ührerin der Institute. Für Moskau rechnet man mit rund 1000 Kursteilne­hmern pro Jahr.

Die angesproch­enen „Anspannung­en“, das sind die Sanktionen der westlichen Staaten gegen Moskau wegen des Ukraine-Konflikts. Die Putin-freundlich­e FPÖ sähe sie lieber heute als morgen verschwund­en, Kneissl hat die Sanktionen im KURIER einmal als „stumpf “bezeichnet. Der vom Kanzler formuliert­e offizielle Kurs lautet : Österreich trage die EU-Beschlüsse zwar mit, dränge aber auf eine schrittwei­se Lockerung der Sanktionen im Gegenzug für ein Einlenken Russlands beim Minsker Friedenspr­ozess für die Ukraine.

„Österreich steht als Verhandlun­gsort für weitere Gespräche im UN-Format zur Verfügung.“

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Österreich als Brückenbau­er: Kneissl will helfen, den Bürgerkrie­g in Syrien zu beenden
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