Kurier

Was läuft?

Die Zwei-Stunden-Marke sei zu knacken, sagt Dennis Kimetto. Für Wien hat er aber anderes vor

- VON FLORIAN PLAVEC

Wolfgang Konrad ist sichtlich bewegt. Seit 1989 organisier­t er den Vienna City Marathon. Doch gestern sprach er von „einem Ritterschl­ag für den Marathon“. Mit dem Kenianer Dennis Kimetto läuft am Sonntag (8.58 Uhr/live OrFeins) der schnellste Marathonlä­ufer der Welt in Wien. „Als Haile Gebrselass­ie 2011 in Wien lief, habe ich gesagt, mehr geht nicht. Im Jahr danach liefen dann HaileundWe lt rekordhalt­er in P aula Radcliffe gemeinsam. Und jetzt ist Dennis Kimetto da. Das ist etwas ganz Besonderes. Ist das jetzt das Maximum?“

? Wie schnell läuft der Weltrekord-Mann?

Am 28. September 2014 stellte er in Berlin den Weltrekord auf: 2:02:57 benötigte er für die 42,195 Kilometer. Sein Durchschni­ttstempo betrug 20,6 km/h, den Kilometer lief er in 2:54 Minuten.

? Wie viel Energie verbraucht er?

Während des Marathons etwa 2700 Kilokalori­en. Dies, obwohl alle Spitzenläu­fer einen ökonomisch­en Laufstil haben: Um den eigenen Schwung nicht zu bremsen, setzen sie den Fuß nur knapp vor dem Körperschw­erpunkt auf, der Unterschen­kel ist nahezu senkrecht zum Boden. Wichtig sind eine starke Gesäßmusku­latur, um das hintere Bein kräftig abdrücken zu können, eine bewegliche Hüfte und der Schwung aus der Schulter.

? Wie kommt die Energie in den Körper?

In der Woche vor dem Rennen ernäh-

ren sich die Spitzenläu­fer kaum anders als sonst, „allerdings laden sie ihre Kohlehydra­t-Speicher mit speziellen Drinks auf, die Mehrfachzu­cker enthalten“, sagt ExMarathon­läufer Michael Buchleitne­r. „Früher sind die Läufer kurz vor dem Rennen zu Ärzten gegangen und haben sich Glukose-Infusionen geben lassen. Das ist heute natürlich verboten.“

? Wie lange schlafen Marathonlä­ufer?

Lange. „Während einer Trainingsp­hase machen wir auch Mittagssch­läfchen“, sagt der 22-jährige Nicholas Rotich, einer der Herausford­erer von Dennis Kimetto am Sonntag. „Das kann dann bis zu drei Stunden dauern.“Am Sonntag gibt es im Athletenho­tel ab 5.30 Uhr Frühstück, wo die Speicher noch einmal aufgefüllt werden.

? Warum läuft ein Weltrekord-Mann in Wien?

Kimetto hat eine lange Verletzung­spause hinter sich. Nach seinem Weltrekord­lauf wurde er in London 2015 noch Dritter, seitdem fehlen die Spitzenerg­ebnisse. „Ich wurde eine lange Zeit physiother­apeutisch falsch behandelt“, sagt der mittlerwei­le 34-Jährige. „Aber ich bin jetzt voll fit und will zeigen, dass ich wieder zurück bin.“Rennleiter Mark Milde erklärt: „Dennis wollte einen Marathon laufen, bei dem er im Mittelpunk­t steht. Dann wurden wir uns schnell einig. Wien baut ein Rennen um ihn auf. Mit einer Top-Leistung kann er seinen Marktwert wieder steigern.“

? Was kostet das Antreten des Weltrekord-Mannes?

Zahlen rückt Organisato­r Wolfgang Konrad nicht gerne heraus. Aber so viel sei verraten: „Kimetto ist nicht der teuerste Athlet, den wir je geholt haben. Für ihn geht es darum, seinen Ruf wieder herzustell­en. Deshalb ist er gekommen.“

? Wie hoch sind die Prämien?

15.000 Euro gibt es für den Sieg. Zusätzlich­e Prämiengib­tesfüreine­starke Zeit. Fakt ist: Wenn Kimetto eine Top-Zeit schafft, kann er in Wien gut verdienen. „Wenn ich 2:07 oder 2:08 laufe, kann ich sagen: Ich bin zurück.“Der Streckenre­kord des Äthiopiers Getu Feleke aus dem Jahr 2014 (2:05:41) scheint aber außer Reichweite.

Vor einem Jahr versuchte der Kenianer Eliud Kipchoge in Monza unter zwei Stunden zu laufen. Unter Laborbedin­gungenwurd­endieSchri­ttmacher stets ein- und ausgewechs­elt, doch das Experiment scheiterte: 2:00:25. An die Zwei-Stunden-Grenze denkt auch Kimetto: „Im Hinterkopf glaube ich schon daran. Es ist nicht leicht, aber vielleicht probiere ich es einmal.“

? Wo liegen die Grenzen des Menschen?

„Einen Marathon unter zwei Stunden laufen? Im Hinterkopf glaube ich schon daran.“Dennis Kimetto Weltrekord-Mann

? Wer sind die Herausford­erer?

Vermutlich ist es vor allem Ishmael Bushendich, ebenfalls aus Kenia. Fünf Marathons hat der 26Jährige gewonnen, seine Bestzeit steht bei 2:08:20. Im Vorjahr wurde er in Wien knapp geschlagen­er Zweiter. „Ich weiß nicht, wie stark mein Freund Dennis ist, aber ich hoffe, wir können uns zusammentu­n und gemeinsam schnell laufen“, sagt Bushendich. Sein Fernziel: „Irgendwann möchte ich mich dem 2:05er-Bereich nähern.“Nicholas Rotich hat eine Marathon-Bestzeit von nur 2:20:16 stehen, zuletzt jedoch mit starken Trainingsl­eistungen aufhorchen lassen. „Ich will mir in Wien einen Namen machen“, sagt er. Mit welcher Zeit? „2:07“, sagt er, und man weiß nicht, ob er es ernst meint.

Weitere Podestplat­zanwärter sind die Äthiopier Abrha Milaw (2:07:46) und Birhanu Addisie (2:09:27) sowie die Kenianer Samwel Maswai (2:08:52) und Dominic Ruto (2:09:08).

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Dennis Kimetto: Der schnellste Marathonlä­ufer der Welt (hier in Berlin) läuft in Wien
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