Jagd nach 20.000 neuen Planeten
Weltraumteleskope. Keplers Amtszeit im All neigt sich dem Ende zu – bald übernimmt Tess das Sterngucken
Drei, zwei, eins, null: Um 0.51 Uhr mitteleuropäischer Zeit hob Mittwochnacht eine Falcon-9-Trägerrakete mit wertvoller Fracht vom Raumfahrtbahnhof Cape Canaveral ab. Countdown und Start mussten zwei Tage verschoben, die Navigationsgeräte noch einmal kontrolliert werden. Sicher ist sicher. Jetzt ist „Tess“im All. In rund zwei Monaten wird „Transiting Exoplanet Survey Satellite“sein Ziel erreicht haben und von dort 300 Lichtjahre weit ins Universum spähen.
„‚Tess‘ wird sicher kein Leben finden“, sagt Wolfgang Baumjohann vom Institut für Weltraumforschung in Graz.DafürsinddievierWeitwinkel-Kameras an Bord des kühlschrankgroßen Satelliten gar nicht ausgerichtet. Das Weltraumteleskop der NASA soll vielmehr 85 Prozent des Himmels – eingeteilt in 26 Sektoren – nach Planeten absuchen; indem es Sterne unter die Lupe nimmt und prüft, ob sie kurze Helligkeitsschwankungen durch vorbeilaufende Planeten auf- weisen. Die Beobachtungen werden alle 13,7 Tage zur Erde geschickt, drei Stunden dauert der Datentransfer.
„‚Tess‘ wird in einem neuartigen Orbit die Erde umkreisen“, sagt Baumjohann. Auf der stark elliptischen Umlaufbahn kommt der Überflieger dem blauen Planeten viel näher als seine Vorgänger und kann so auch die kosmische Nachbarschaft besser überblicken. „‚Tess‘ wird uns die Hitliste der nächsten Exoplaneten liefern, die neuen Welten, die wir genauer untersuchen können“, sagt Lisa Kaltenegger, österreichische Wissenschaftlerin im ‚Tess‘-Team.
Ausblick
Vermutlich werden die neuen Augen im All 20.000 Planeten entdecken – von kleinen Felswelten, wie der Erde, bis zu Gasriesen, wie dem Jupiter; etwa 50 davon sollten erdgroß sein. „‚Tess‘ sucht mal. Dann wird mit Bodenbeobachtungen verifiziert oder ab 2020 mit dem ‚James Webb-Weltraumteleskop‘ beobachtet“, sagt Baumjohann.
Schon NASA-Weltraumteleskop „Kepler“, das 2009 zu seiner Mission aufbrach, spürte rund 2300 Exoplaneten auf. Dabei scannte der Vorgänger von „Tess“nur 0,25 Prozent des Himmels. Jetzt steuert Kepler in den Ruhestand. Bald werden die Hightech-Schwungräder gänzlich den Geist aufgeben, die Gasvorräte, zuständig für die Lageregelung des Teleskops, aufgebraucht sein.
Die 273 Millionen Euro teure „Tess“-Mission wurde auf zwei Jahre ausgelegt. Bis dahin sollte „James Webb“auf der Startrampe stehen.
In nächster Zukunft ist die Esa am Zug: Die Europäische Weltraumorganisation schickt am 25. April ihren Erdbeobachtungs-Satelliten „Sentinel-3B“ins Universum, der Tank ist bereits gefüllt.