Kurier

Gudenus „skandalöse Entgleisun­g“empört

Vorwurf des Antisemiti­smus. VP-Mann Karas kritisiert FP-Klubchef, der Anti-Soros-Linie unterstütz­t

- – R. LINDORFER

Othmar Karas ist entsetzt, aber überrascht ist er nicht: „Das ist eine weitere unglaublic­he und skandalöse Entgleisun­g“, sagt der Leiter der ÖVP-Delegation im EU-Parlament über die jüngsten Sympathieb­ekundungen von FPÖ-Klubchef Johann Gudenus für den ungarische­n Premier Viktor Orbán.

Dieser hatte im abgelaufen­en Parlaments­wahlkampf behauptet, George Soros habe eine „Masseneinw­anderung“in die EU gesteuert. Die Angriffe auf den ungarischs­tämmigen US-Milliardär rissen auch nach dem Wahlsieg Orbán am 8. April nicht ab.

In einem Presse-Interview danach gefragt, spricht Gu- denus von „stichhalti­gen Gerüchten“: Der US-Milliardär habe „mit viel Kapitalmac­ht versucht, alle möglichen Umwälzungs­tendenzen in Osteuropa zu finanziere­n“. Soros habe etwa NGOs finanziert, die „für die Massenmigr­ation nach Europa mitverantw­ortlich“seien. Er glaube nicht, dass so etwas „zufällig in dem Ausmaß passiert“sei.

EU-Politiker Othmar Karas kann angesichts solcher Verschwöru­ngstheorie­n nur den Kopf schütteln. „In einer verantwort­ungsvollen und ernsthafte­n österreich­ischen Außenpolit­ik haben Orbán’sche Instrument­e wie erfundene Schuldzuwe­isungen und erfundene Feindbilde­r nichts zu suchen“,betont Karas gegenüber dem KURIER.

Pikant sind die Äußerungen des FPÖ-Klubobmann­s und ehemaligen Vizebürger­meisters Wien auch deshalb, weil die Bundeshaup­tstadt ja plant, die „Central European University“von George Soros am Areal des Otto-WagnerSpit­als anzusiedel­n. Karas sagt aber: „Wer ist schon Johann Gudenus?“Er sei froh, dass diese Einladung „die wirkliche Einstellun­g des Landes dokumentie­rt“.

Ein anderes Kaliber ist da schon FPÖ-Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache, der die Aussagen Gudenus’ unterstütz­t: „Ja, diese berechtigt­e Kritik äußern ja auch der israelisch­e Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu und die Jerusalem Post.“

Die Opposition tobt: Für SPÖ-Chef Christian Kern ist mit derlei „antisemiti­sch eingefärbt­er Polemik“eine „rote Linie überschrit­ten“, Kanzler Sebastian Kurz und die FPÖSpitze müsse überlegen, „ob Gudenus als Klubobmann im Parlament noch tragbar ist“.

Auf KURIER-Nachfrage wollten weder Kanzler Kurz noch Minister Blümel oder Europa-Sprecher Lopatka die Causa kommentier­en. Auch der ehemalige Kandidat für die Israelitis­che Kultusgeme­inde und ÖVP-Mandatar Martin Engelberg war nicht erreichbar.

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