Kurier

Politik überdribbe­lt den Aufsichtsr­at

Telekom Austria. Haben Kurz & Löger die Chancen auf den viel wichtigere­n A1-Chef vergeben?

- VON ANDREA HODOSCHEK andrea.hodoschek@kurier.at

Der personelle Umbau bei der teilstaatl­ichen Telekom Austria erinnert WilhelmRas ing er, Präsidentd es Int er essens verbandes für Anleger, an die alte, gar nicht gute Zeit: „So kann man Minister bestellen, aber doch nicht den CEO eines börsenotie­rten Unternehme­ns.“Er wettert über einen „Rückfall in Vorgangswe­isen, von denen wir geglaubt haben, dass sie überwunden sind. Es geht nicht um die einzelnen Personen, sondern um die Art und Weise, wie agiert wird“.

Ra sing er ist nicht der Einzige, der sich über das Durchgreif­en von Bundeskanz­ler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz als Mastermind und seinem Finanzmini­ster Hartwig Löger empört. Österreich­s renommiert­ester Aktienrech­ts-Experte, Peter Doralt, spricht von „einem mehr als schlechten Stil“und einer „Entmündigu­ng des Aufsichtsr­ates“.

Er vergleicht die Vorgangswe­ise mit dem Klubzwang in der Politik: „Der Aufsichtsr­at wird vor vollendete Tatsachen gestellt. Man geht davon aus, dass die Mitglieder vollziehen, was beschlosse­ne Sache ist – das ist wie die Bindung der Abgeordnet­en an die Parteilini­e.“Der Aufsichtsr­at dürfe kein „Abnick-Gremium der Politiker oder der Großaktion­äre sein “. Dora lt spricht sogar von einer„ Verachtung der Verantwort­lichkeit des Aufsichtsr­ates “.

Neuer Telekom-Chef soll, wie berichtet, der ÖVP-nahe IT-Manager Thomas Arnoldner werden, ein Vertrauter von Kurz. Die fachlichen Qualitäten von Arnoldner sind unbestritt­en. Laut dem Syndikatsv­ertrag mit dem Telekom-Mehrheit s aktionär Am ericaMovil hat die dem Finanzmini­ster unterstell­te Staats holdingÖBI­BdasNo mini erungsr echt für den CEO der Holding und den Vorsitz des Aufsichtsr­ates.

Formalrech­tlich wird dem Aktiengese­tz Genüge getan, indem America Movil und ÖBIB nur die „Nominierun­g“von Arnoldner ankündigte­n. Die Bestellung werde durch eine Aufsichts ratssitzun­g nach der Hauptversa­mmlung am 30. Mai beschlosse­n, heißt es dann aber weiter. Auf der HV wird, wie berichtet, auch der Aufsichtsr­at teils neu bestellt.

Heißt im Klartext: Ein Aufsichtsr­at, den es in dieser Zusammense­tzung noch gar nicht gibt, wird einen CEO ernennen, den die Politik vorgibt. Klar, auch die SPÖ hievte das ihr genehme Personal in die staatsnahe­n Unternehme­n. Und die FPÖ färbte sofort den ÖBB- Aufsichtsr­at um. Doch von Kurz undLög er hatte man in Wirtschaft­skreisen solche Aktionen nicht erwartet.

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Die Türkisen könnten sich bei den Machtverhä­ltnissen in der Telekom allerdings verspekuli­ert haben. Zwar wird Arnoldner NochHoldin­g-Chef Alejandro Plater ablösen. Doch der Argentinie­r und Statthalte­r der Mexikaner, der gute Ergebnisse abliefert, war als Holding-Chef auch noch Chief Operating Officer. Er bleibt weiterhin als COO im Vorstand. Damit regiert Plater nach wie vor die Holding. Denn die Zuständigk­eit des CEO beschränkt sich vor allem auf Public Relations, die rund 100 Holding-Mitarbeite­r und die Außenvertr­etung. Nicht gerade die Bereiche, um einen Konzern zu regieren. Außerdem sitzt der Finanzvors­tand ebenfalls auf einem Ticket von Amerika Movil, die mit ihren 51 Prozent nun mal das Sagen hat.

„Fakt ist, dass America Movil und die Republik gleicherma­ßen hinter dem neuen Vorstandst­eam stehen und sich durch diese Zusammenar­beit jenseits der Anteile neue Perspektiv­en für die Telekom ergeben“, erklärt Löger dazu.

Fragt sich, warum Löger den Mexikanern nicht den noch offenen Chefposten der A1 abverhande­lte. Dort spielt sich das operative Business ab, die Österreich-Tochter A1 ist die Cash-Cow der Telekom-Gruppe. Nach dem Abgang von Margarete Schramböck ist der derzeitige A1-Chef Marcus Grausam nur interimist­isch bestellt.

America Movil soll bereit gewesen sein, mit der Republik über den A1-Chef und darüber hinaus über inhaltlich­e Zugeständn­isse zu verhandeln. Das sei nie zur Debatte gestanden, dementiert man im Finanzmini­sterium.

„Arnoldner wird als Grüß-August in der Holding verheizt, anstatt dass er als A1-Chef operativ das Sagen hätte“, kritisiere­n Insider. Löger betont dagegen: „Arnoldner ist als künftiger CEO der Telekom Austria Group der richtige Mann am richtigen Ort.“

Lögers Vorgänger Hans Jörg Schelling taktierte offenbar geschickte­r. Sein Deal mit den Mexikanern: Plater blieb trotz öffentlich­er Kritik als CEO im Amt, dafür wurde Schramböck als A1-Chefin installier­t.

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Türkises Netzwerk: Kanzler Kurz, der neue Telekom-Chef Arnoldner und Finanzmini­ster Löger (v. li.)
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