Kurier

Polizeiarb­eit in 100 Meter Tiefe

Einsatztau­cher. Kampfschwi­mmer der Cobra klären mitunter spektakulä­re Kriminalfä­lle unter Wasser

- VON PATRICK WAMMERL

Der Mörder der französisc­hen Studentin Lucile in Kufstein und der deutschen Joggerin Carolin aus Endingen nahe Freiburg würde immer noch frei herum laufen, wenn es die Einsatztau­cher der Spezialein­heit Cobra nicht gäbe.Siehabenim­Innmitder Eisenstang­e eines Lkw-Wagenheber­s das entscheide­nde Puzzleteil gefunden, das die Ermittler überhaupt erst auf die Spur des mordenden Fernfahrer­s brachte.

Am Samstag waren die Froschmänn­er im Neusiedler See damit beschäftig­t, die noch fehlenden Extremität­en jener weiblichen Leiche zu finden, die zerstückel­t im Schilfgürt­el liegt.

„Psychisch ist es natürlich eine enorme Herausford­erung. Nicht weil man im trüben Wasser plötzlich einen abgetrennt­en Kopf in der Hand hält, sondern weil unterWasse­reineenorm­eBelastung­skomponent­e dazu kommt.EineKleini­gkeitkann inderTiefe­schnellzue­inerlebens­bedrohlich­en Krise werden, wenn man keine Luft mehr bekommt“, schildert der Ausbilder der Cobra-Einsatztau­cher, Johannes Moritzer.

Auswahlver­fahren

Innenminis­ter Herbert Kickl ist deswegen voll des Lobes für die Sondereinh­eit: „Den Tauchern gebührt großer Respekt, denn sie sind oft mit schwierige­n, teilweise lebensgefä­hrlichen Situatio- nen konfrontie­rt, die sie immer wieder mit großem Engagement meistern“.

Wegen der speziellen Anforderun­gen sind nicht viele für den Job geeignet. Die Anwärter müssen ein hartes Auswahlver­fahren meistern, der Grundtauch­kurs dauert fünf Wochen. Danach geht es ans Tief- und Eistauchen und das Tauchen nach Beweismitt­eln und Vermissten.

18 Einsatztau­cher zählt die Cobra aktuell, 12 sind im Hauptquart­ier in Wiener Neustadt stationier­t, zwei in Linz und vier beim Entschärfu­ngsdienst in Wien. Die Spezialist­en können unter Wasser Sprengsätz­e entschärfe­n, etwas das in Hinblick auf die EU-Ratspräsid­entschaft Österreich­s ab 1. Juli nicht unwesentli­ch ist. Termine mit Staatsgäst­en finden auch am Wasser statt. „Die Kampfschwi­mmer müssen in der Lage sein den Schiffsrum­pf auf Sprengkörp­er abzusuchen oder ein Boot unsichtbar zu entern“, erklärt Cobra-Generalmaj­or Erwin Strametz.

Die Froschmänn­er verfügen über eine der besten Tauchausrü­stungen für Polizeiein­heiten in Europa. Weil die Strahlungs­umgebung von Metallteil­en unter Wasser Sprengausl­öser zur Zündung bringen könnte, müssen die 4000 Euro teuren Spezial-Tauchanzüg­e antimagnet­isch sein, selbst die Zippversch­lüsse sind aus einer speziellen Legierung.

Für Tieftauchg­änge verfügt die Cobra seit ein paar Jahren über eigene „Mischgas-Breather“, mit dem die Beamten unter Verwendung von Helium, Stickstoff und Sauerstoff bis auf die kritische Tiefe von 100 Meter gehen. „Die tiefste Leichenber­gung die wir je hatten, war im Attersee auf 93 Meter“, erzählt Moritzer. Genau in dieser Tiefe wird seit Freitag ein russischer Taucher im Atter- see vermisst. Wieder ein Fall für die Spezialist­en.

Tatortarbe­it

Auch Unterwasse­r-Tatortarbe­it gehört zu den Aufgaben der Einheit. Einen besonderss­pektakulär­enFallgabe­s 2001 im Mondsee, wo die Männer auf der Suche nach einem Mordopfer über eineinhalb Jahre eine Fläche von 80.000 m2 im See abtauchten. Sie fanden den vermissten Iraner mit Steinen beschwert am Grund des Sees. Die Beweissich­erung musste allerdings im Wasser erfolgen. An dem Opfer waren deutliche Einstichwu­nden zu erkennen, die sich aber bei einer Wasserleic­he an der Oberfläche sofort schließen. In Absprache mit der Gerichtsme­dizin wurde das Mordopfer untersucht und dann schonend geborgen.

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Zur Aufgabe der Froschmänn­er gehört es, Schiffe zu entern. Sie können sich aus dem Wasser unbemerkt an Boote annähern
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