Heute das Kopftuch ...(3)
Selten habe ich klügere Worte zum Thema Schule gelesen, als im Essay des Bildungswissenschafters Prof. Stefan Hopmann in der aktuellen Ausgabe der „Furche“. Gegen Ende der Passage, die ich hier wiedergebe, streift Hopmann auch die Kopftuch-Debatte. „... dadurch wird die Schule selbst zur Grenze, die den Privilegierten den Durchmarsch erlaubt und den anderen den vollen Zutritt zur Gesellschaft von vornherein verwehrt. Das ist in vielen Teilen der Welt schon längst Realität. Soweit muss es bei uns nicht gehen. Dies zu verhindern erfordert aber eine radikale Wende. Zum einen müssten wir auf irregeleitete Leistungserwartungen, PISA-Wahn und Kompetenzgaukelei verzichten. (...) Zum andern müssten Gesellschaft und Politik Armutsfolgen und soziale Spannungen dort bekämpfen, wo sie entstehen, anstatt sie der Schule aufzubürden. Die gegenwärtige Elendspolitik gegen Flüchtlinge und anderes Fremde, gegenüber Kinderarmut und sozialer Not lässt gepaart mit dem bildungspolitischen Starrsinn aller Parteien befürchten, dass es dazu nicht kommen wird. Die Schule kann sich aber auch selbst abgrenzen, um ihrem Auftrag gerecht werden zu können. Ohne Selbstbeschränkung ist sie immer in Gefahr, wie ein Brennglas gesellschaftliche Spannungen zu bündeln.“Auch in der Literatur fänden sich Beispiele dafür, „was jede Schule anrichten kann, wenn dort Anpassungsdruck und Leistungserwartungen ausagiert, Andersartige und Schwächere unterdrückt werden. Solches geschieht vor allem dann, wenn Übergriffe durch gesellschaftlich salonfähige Zuschreibungen gedeckt erscheinen, etwa durch Abwertung anderer Religionen, Kulturen, Begabungen, Schichten oder Lebensformen. Dann wird das einzelne Kind, das ein Kopftuch trägt, anders betet oder singt, anders spricht, anderes kann oder anders lebt, stellvertretend für die Unfähigkeit der jeweiligen Umgebung bestraft, Abweichungen angstfrei auszuhalten oder gar als Zugewinn zu erleben. Wer solches toleriert oder sogar durch politische oder pädagogische Vorgaben legitim erscheinen lässt, verantwortet Gewalt gegen Schutzbefohlene. Wie in der übrigen Gesellschaft beweist sich die Qualität einer Schule im Umgang mit den schwächsten ihrer Glieder.“