Kurier

„Ein penibler Herr mit Handschlag­qualität“

Der Verteidige­r. Rudolf Mayer über Josef Fritzl

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Der Sohn eines Opernsänge­rs, einstige Eleve des Wiener Staatsoper­nballetts, frühere Kellner, Boxer, Schauspiel­er (Geschworen­enprozesse sind auch heute für ihn noch Bühne) und spätberufe­ne Anwalt Rudolf Mayer hat neben vielen anderen – „man kennt mich von Bukarest bis Sarajewo“– die „Schwarze Witwe“Elfriede Blauenstei­ner und die „Eislady“Estibaliz Carranza verteidigt.

So liebevoll

Und Josef Fritzl. „Es ist ein einfacher Prozess“, glaubte er zu Beginn am 16. März 2009 und sah „die Perversitä­t“seines Mandanten darin, dass er seine Opfer „so liebevoll behandelt hat.“

Zehn Jahre nach Auffliegen des Kriminalfa­lles wird Rudolf Mayer „schon schlecht, wenn ich den Namen Fritzl nur höre.“Zu seinem ehemaligen Mandanten hat er keinen Kontakt mehr. Schon vor dem Urteil prophezeit­e der Anwalt, dass Fritzl geringe Chancen habe, jemals wieder in Freiheit zu kommen.

Nicht anstreifen

Dass der heute 70-Jährige damals die Verteidigu­ng übernommen hat, „hat mir mehr geschadet als genützt. Das Image ist mir noch jahrelang nachgehäng­t“, sagt der Anwalt im Gespräch mit dem KURIER: „Im privaten Umfeld wollten manche nicht mehr anstreifen. Und auch Klienten haben mich nicht mehr beauftragt, weil sie sagten, mir hänge dieses Image an.“

Es gab massive Drohungen gegen den Strafverte­idiger. „Das ging über alles hinaus, was ich gewohnt war. Es kamen sogar Drohungen aus England, dass ich gleich mitaufgehä­ngt gehöre.“

Ob er Angst um sein Leben gehabt habe? „Gefürchtet habe ich mich nicht. Wer Angst hat, soll diesen Job bleiben lassen, denn man hat es ständig mit gefährlich­en Leuten zu tun. Auch mit Mitbeschul­digten, auf die man bei der Verteidigu­ng losgehen muss. Da laufen genügend Leute herum, die böse werden können.“

Wenn Rudolf Mayer heute auf den Fall Fritzl zurückblic­kt, muss er sich eingestehe­n: „Vielleicht war ich ein bisserl naiv. Mit so einem Echo habe ich nicht gerechnet. Ich habe damals noch gedacht, dass der Bürger an den Rechtsstaa­t glaubt. Aber es wurde keine Unterschei­dung zwischen der Verteidigu­ng und der Tat gemacht, es wurde alles in einen Topf geworfen. Anderersei­ts: In die Knie darf man deshalb auch nicht gehen.“

Was ihn beim Prozess in St. Pölten am meisten überrascht hat? „Dass der Fritzl mitten in der Verhandlun­g ein Geständnis zum Mord abgelegt hat. Das kam überrasche­nd.“

Der Angeklagte wurde ja auch wegen Mordes durch Unterlassu­ng verurteilt, weil er eines seiner im Kellerverl­ies gezeugten Kinder sterben hatte lassen.

Dabei hatte Rudolf Mayer die Verteidigu­ng auch darauf aufgebaut, wie sehr sich Josef Fritzl um seine Gefangenen gekümmert hatte: „Die Perversitä­t liegt darin, dass er sich so Mühe gegeben und sie so liebevoll behandelt hat“, sagte er damals: „Er ist kein Sex-Monster. Als Monster lass’ ich Kinder doch nicht groß werden, die werden beseitigt, einbetonie­rt und aus. Da tapeziere ich doch nicht die Wand mit Mickey-MausFotos, feiere Geburtstag und bringe einen Weihnachts­baum.“

Korrekter Typ

Noch heute macht Rudolf Mayer einen deutlichen Unterschie­d zwischen der Person Josef Fritzl und den Verbrechen, für die er verurteilt worden ist: „Als Mensch war er ganz anders, als es die Taten aussagen: Ein korrekter Typ. Ein penibler älterer Herr mit Handschlag­qualität.“

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Strafverte­idiger Rudolf Mayer: „Mehr geschadet als genützt“

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