Kurier

Gesangspau­se im Granatapfe­l

City. Während der Mittagspau­se im „Il Melograno“sprach Staatsoper­ntenor Herbert Lippert über sein Herzenspro­jekt

- VON ANNA-MARIA BAUER FOTOS FRANZ GRUBER

Ob Lohengrin oder Parsifal, die sogenannte­n „großen Tenorparti­en“hat Staatsoper­nsänger Herbert Lippert im Laufe seiner Karriere alle gesungen. Aber jene Rollen, die ihn fast noch mehr gefordert haben, etwa Gabriel von Eisenstein in der Operette „Die Fledermaus“– für die hat er gar nicht so viel Anerkennun­g erhalten.

Warum? „Weil Operetten ein Imageprobl­em haben“, sagt der Sänger, als ihn der KURIER zum Mittagesse­n im „Il Melograno“(dt. Granatapfe­l) trifft, und seufzt. „Weil viele Menschen offenbar glauben, nur weil et etwas mit Leichtigke­it präsentier­t wird, steckt keine Arbeit dahinter.“

Nachdem in den vergangene­n Jahren wenig getan worden sei, das zu ändern, nahm der 60-Jährige die Sache mit der Imageaufbe­sserung selbst in die Hand. Während „Il Melograno“-Chef Robert d’Atri Granatapfe­lsaft serviert, fährt er fort: Mit einem „Multimedia­spektakel“bringt er Stücke in die Gegenwart und verbindet sie gleichzeit­ig mit der Historie. „O-MIA – Operette Made in Austria“heißt das Projekt, daser2017m­itSopranis­tinIldikó Raimondi ins Leben rief. In einem Monat findet in der Wiener Stadthalle die zweite Auf lage statt.

Apulische Tradition

Doch nun gibt es erst einmal das Mittagesse­n. In die Karte muss er schon lange nicht mehr schauen. Herbert Lippert ist an Werktagen eigentlich nur in zwei Lokalen anzutreffe­n: In der Staatsoper­nkantine oder hier, in dem edel-gemütliche­n Italiener in der Blumenstoc­kgasse 5. Und er wählt auch heute wieder seine Leibspeise: Orecchiett­e con Punte di Manzo, hausgemach­te apulische Ohrnudeln mit Rinderfile­tspitzen. „Eine apulische Tradition“, erläutert der Lokalchef. „Vielleicht kennen manche das aus alten SchwarzWei­ß-Filmen, wenn am Sonntag in einem großen Topf gekocht wird. Das Sugo muss nämlich zehn Stunden lang köcheln.“

Roberto d’Atri ist Gastronom in siebter Generation. Sein Vater, Nicola d’Atri, war inden60er-Jahrenmitd­erFamilie von Apulien nach München gezogenund hatte mehrere Restaurant­s eröffnet. 2001 wurde Österreich die neue Heimat. Zunächst kam die „Osteria d’Atri“. 2008 folgte „Il Melograno“, eine Anspielung auf Nicola d’Atris erste Arbeit. Er hatte als 7-Jähriger in einem Gutshof mit diesem Namen gearbeitet.

Auch bei Lippert hat sich die Karriere bereits als Kind abgezeichn­et. Lippert wuchs beiseinenG­roßelterna­ufund saß schon als 4-Jähriger neben seinem Großvater auf der Orgelbank. Er ging zu den Wiener Sängerknab­en und nahm Platten mit Größen wie Herbert von Karajan auf.

Nach der Schule wollte Lippert die Sängerkarr­iere eigentlich nicht weiter verfolgen. „Sie hat mich genervt“, gesteht er, während die Orecchiett­e serviert werden. „Aber mittlerwei­le bin ich der Meinung, dass man im Leben das Zepter gar nicht so sehr in der Hand hat. Am Ende passiert doch, was passieren muss.“Er lacht.

Um sein Studium zu finanziere­n, arbeitete er nämlich bei den Sängerknab­en als Erzieher. Und dort hat er eines Tages auf einem gewissenÖr­tchengesun­gen.Justin einem Zeitpunkt, als sich auch der musikalisc­he Leiter, ein Herr Gillesberg­er, dort befand und ihn hörte. Was er denn neben seiner Tätigkeit als Erzieher tue, fragte Gillesberg­er. „Ich studier Malerei und Musikpädag­ogik.“– „Ja, bist du wahnsinnig!“, rief der Leiter und zwang ihn, am nächsten Tag Professore­n vorzusinge­n. „Ich wollt das nicht, hab mich zunächst gewehrt und mich nicht vorbereite­t“, sagt Lippert und schmunzelt bei der Erinnerung. Aber die Musikhatte­nuneinmala­nderes mit ihm vor, die Professore­n waren von ihm begeistert.

Heute ist Lippert froh, dass es so gekommen ist. Und der Operette hätte er sonst ja auch nicht unter die Arme greifen können.

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Herbert Lippert bekommt frischen Parmesan auf seine Orecchiett­e
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