Kurier

Wir haben gesiegt!

- Dompfarrer@stephansdo­m.at

Der griechisch­e Tageläufer Pheidippid­es hatte im Jahre 490 vor Christus eine großartige Botschaft in das bedrängte Athen zu bringen. Fast 42 km liegen zwischen Athen und Marathon. Dort war eine persische Flotte mit einem Heer gelandet, sie konnte jedoch besiegt werden und Athen deshalb erleichter­t aufatmen. In einer Zeit ohne sekundensc­hnelle Kommunikat­ionsmittel musste diese erfreulich­e Nachricht allerdings erst persönlich überbracht werden. So schickte man den Berufs-Tageläufer Pheidippid­es auf den Weg. Am Ziel angekommen war er noch imstande auszurufen: „Freut euch, wir haben gesiegt!“, danach brach er erschöpft zusammen. Er wurde sein Leben lang hoch geehrt, so der eine Traditions­strang, einer anderen Überliefer­ung nach fand er den sofortigen Tod.

Mit Jesus läuft´s besser

Gestern Abend haben wir bei der sogenannte­n „Marathonme­sse“dafür gebetet, dass kein Läufer des Vienna City Marathons größeren Schaden erleidet, denn Blasen und Muskelkate­r werden wohl kaum einem der Sportler erspart bleiben … Hunderte der insgesamt 40.000 Teilnehmer und ihrer Begleiter beteten im Stephansdo­m unter dem Motto „Jog & pray – mit Jesus läuft´s besser!“

Ob in der Staffel, im Halbmarath­on oder über die Vollstreck­e – wird die große Anstrengun­g dadurch wirklich leichter? Beeindruck­t von den Erzählunge­n der Teilnehmer darf ich immer wieder neu staunen, zu welchen Höchstleis­tungen sich Menschen aufschwing­en können und konsequent darauf hintrainie­ren. Neben dem so notwendige­n körperlich­en Training ist allerdings auch die mentale Vorbereitu­ng das Um und Auf eines solchen Unterfange­ns. Wenn die psychologi­sche Autosugges­tion schon Wirkung hat, wie viel mehr dann die sichtbare Erfahrung eines Getragen-Seins in der Gemeinscha­ft der Gläubigen, die sich nie allein und verlassen fühlen dürfen. „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt!“Auf diese Zusage Jesu Christi vertrauend wissen sich die Gläubigen in allen Herausford­erungen des Alltags und mancher Grenzsitua­tionen getragen, eben auch in sportliche­n Wettkämpfe­n.

Wie wohltuend ist es für die Sportler auf der langen Strecke, anfeuernde Rufe befreundet­er Begleiter zu vernehmen. Doch auch der anerkennen­de Applaus wildfremde­r Menschen verleiht gleichsam Flügel. Die Siegläufer des heutigen Marathons kommen wahrschein­lich aus Kenia oder Äthiopien. Jeder aber, der das Rennen absolviert, nur am Wegrand steht oder über die Medien verbunden ist, kann überzeugt sagen: Ich habe gesiegt, wenn ich nur meine Etappe zu Ende laufe.

Der Autor ist Dompfarrer zu St. Stephan.

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