Kurier

Ein Schlussstr­ich für Armstrong, eine ungewisse Zukunft für Froome

Doping. Mit dem Deal zwischen dem Texaner und der US-Justiz ist das Dauerthema längst nicht abgeschlos­sen.

- VON STEFAN SIGWARTH

Ende gut, alles gut? Keineswegs. Lance Armstrong und das amerikanis­che Justizmini­sterium haben sich in der Nacht zum Freitag auf einen Deal geeinigt, der dem einstigen Rad-Helden und später als Super-Doper entlarvten 46-Jährigen einen Schadeners­atzprozess mit einem Volumen von 100 Millionen Dollar(81Millione­nEuro)erspart. Fünf Millionen Dollar wird der Texaner nun an den Staat überweisen, weitere 1,65 Millionen gehen an seinen früheren Teamkolleg­en Floyd Landis, damit dieser seine Unkosten begleichen kann. „Ich bin froh, dass ich die Sache geklärt habe und mein Leben weiterlebe­n kann“, ließ Armstrong über seine Anwaltskan­zlei Keker Van Nest & Peters verbreiten.

Wirklich einsichtig zeigte sich der einst siebenfach­e Sieger der Tour de France freilich noch immer nicht. „Unbe- gründet und unfair“sei der Prozess gewesen, seit 2013 habe er doch „versucht, die volle Verantwort­ung für meine Fehler zu übernehmen“.

Das ist Ansichtssa­che: Wie viele seiner Kollegen, die erwischt worden sind, rückte auch Armstrong nur nachundnac­hFaktenher­aus. Bereits 2012 war er von der US-Anti-Doping-Agentur überführt worden, und aus einer ganzen Reihe von Verfahren ist Armstrong als Verlierer hervorgega­ngen – rund 20 Millionen Dollar hat er bereits verloren, nun will er sein Haus um 7,5 Millionen Dollar verkaufen.

Der Seitenwech­sler

Als der Texaner für das Team US Postal fuhr, erhielt sein Rennstall gut 32 Millionen Dollar von der amerikanis­chen Post, weshalb das Justizmini­sterium den Prozess wegen Betrugs angestreng­t hatte. Floyd Landis schloss sich dem Verfahren an, er hatte bereits den Kronzeugen gegeben. Wäre der Prozess zustande gekommen und Armstrong verurteilt worden, hätte der 42-Jährige ein Viertel des Streitwert­s erhalten – mehr als 20 Millionen Euro. Brauchen würde Landis das Geld freilich nicht: Seit 2016 ist er in Denver (Colorado) als Unternehme­r tätig, seine Firma Floyd’s of Leadville stellt Cannabispr­odukte her – und hat sogar eine Zulassung der WeltAnti-Doping-Agentur.

Und Lance Armstrong? Der ist froh, „dass ich mich wieder den vielen großartige­n Dingen in meinem Leben widmen kann – meinen fünf Kindern, meiner Ehefrau, meinem Podcast, spannenden Buch- und Filmprojek­ten, meiner Arbeit als Krebs-Überlebend­er und meiner Leidenscha­ft für den Sport und Wettkampf“.

Letztere wird freilich durch Armstrongs Vergangenh­eit gebremst: Als ihn die Organisato­ren der FlandernRu­ndfahrt Ende März eingeladen hatten, brach ein Sturm der Entrüstung los, der David Lappartien­t, den Präsidente­n des Radsport-Weltverban­des, auf den Plan rief. Schließlic­h sagte der Texaner aus „familiären Gründen“ab.

Ausgestand­en ist das Dauerthema Doping noch lange nicht, wie der aktuelle Skandal um den BiathlonWe­ltverband zeigt. Irgendwann in näherer Zukunft wird wohl auch klar sein, was nun mit dem vierfachen Tour-de-France-Sieger Chris Fromme passiert, der im vergangene­n September bei der Spanien-Rundfahrt mit viel zu viel Salbutamol in seinem Körper erwischt worden ist.

Der Umstritten­e

Das – bis zu einem Grenzwert erlaubte – Asthmamitt­el hilft nicht nur bei Problemen mit den Bronchien, es hat auch einen anabolen Effekt, was nicht weniger heißt, als es Muskelaufb­au und Fettverbre­nnung dient. Wie groß diese Wirkung ist, darüber gehen die Fachmeinun­gen freilich auseinande­r.

Auch darüber, wie groß die Wirkung von Geld ist: Froomes Team Sky soll sieben Millionen Euro in die Verteidigu­ng seiner Nummer eins stecken. Ein Erfolg im Dopingverf­ahren ist dennoch ebenso ungewiss wie dessen Termin. Vor dem Giro d’Italia (ab 4. Mai) dürfte es sich nicht ausgehen, und wohl kaum bis zur Tour de France.

Für den Briten selbst sind die Vorwürfe jedenfalls Unsinn, deshalb hat er in dieser Wochebeide­rTourofthe­Alps beharrlich dazu geschwiege­n. Erledigt ist das Thema damit natürlich nicht. Das musste auch schon Lance Armstrong einsehen, der Kritiker bedrohte und klagte.

 ??  ?? Ein kleiner Sieg: Lance Armstrong einigte sich mit dem US-Justizmini­sterium auf einen außergeric­htlichen Deal und spart viel Geld
Ein kleiner Sieg: Lance Armstrong einigte sich mit dem US-Justizmini­sterium auf einen außergeric­htlichen Deal und spart viel Geld
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Finnische Meistermac­her: Coach Suikkanen und Goalie Tuokkola
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