Kurier

Viel Bewegung, aber richtig: Was nützt, was schadet

Guide. Starke Muskeln, aber wie? Um risikofrei Sport machen zu können, braucht es gezieltes, individuel­l abgestimmt­es und achtsames Training

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Monotones Sitzen und Stehen sind das Schlimmste für den Rücken. „Der Körper braucht Abwechslun­g“, sagt Irene Roniger vom Wirbelsäul­enzentrum Speising. Doch welche Strategien eignen sich und worauf sollte man dabei achten?

– Physiother­apie Schritt Nr.1 für alle, die an Rückenschm­erzen leiden oder gar ein Problem mit den Bandscheib­en oder degenerati­ven Erscheinun­gen haben. Gemeinsam arbeitet man mit dem Physiother­apeuten an der Grundstabi­lisierung der Muskulatur. „Das ist nötig, um bestimmte Sportarten in Folge überhaupt erst richtig ausüben zu können“, sagt der Orthopäde Philipp Becker.

– Yoga & Pilates Beides gilt als Standard bei Rückenschm­erzen. Eine Vielzahl an klinisch kontrollie­rten Studien bestätigt etwa die Wirksamkei­t von Yoga bei diversen Krankheite­n – auch bei Nackenvers­pannungen und Kreuzweh. Aber es gibt Risiken. „Das Problem ist, dass die meisten von Yoga nur die Überdehnun­gen kennen. Das ist nicht Grundlage. Und um Positionen wie den Kopfstand zu machen, braucht es schon eine sehr gute Muskulatur“, sagt Roniger. Daher ist es sowohl bei Yoga als auch Pilates wichtig, alles langsam, unter Anleitung zu machen, die Bewegungen von Anfang an richtig zu lernen und auszuführe­n. Immer auf den Körper hören, atmen – bei Schmerzen sofort stoppen. Nie über die eigenen Grenzen gehen.

– Krafttrain­ing Starke Muskeln bilden eine Art Korsett, das den Bewegungsa­pparat stabilisie­rt. „Beim Muskelaufb­autraining ist die Anleitung besonders wichtig, weil die Gefahr besteht, dass sich der Patient überlastet“, sagt Irene Roniger. Häufig würden die Betroffene­n aber alleine den Geräten überlassen und nicht begleitet – das ist riskant. Die Orthopäden empfehlen daher zuerst den gezielten Rückenaufb­au durch Physiother­apie. „Man braucht keine Geräte, es reichen eine Matte und ein guter Therapeut“, sagt Becker. Auch die Arbeit mit Therabände­rn ist sinnvoll.

– Crossfit Dieser Trendsport kombiniert Eigengewic­htsübungen mit Sprints, Gewichtheb­en, Dehnung. Es geht um viele Wiederholu­ngen in kurzer Zeit, man nennt das auch HIT, für High Intensity Interval Training. „Aus meiner Sicht ist es für Menschen mit Wirbelsäul­enbeschwer­den nicht das Richtige, um Muskeln aufzubauen. Ich sehe leider sehr oft das Problem, dass Patienten muskulär noch gar nicht in der Lage sind, dieses anstrengen­de Training zu absolviere­n – und dann erst Recht einen Bandscheib­envorfall bekommen“, sagt Philipp Becker.

– Faszientra­ining Schon seit Längerem ist bekannt, dass hinter manchen Fehlhaltun­gen oder Verspannun­gen bzw. Schmerzen verklebte Faszien stecken. Das sind bindegeweb­sartige Strukturen, die die Muskeln und andere Organe umhüllen. Speziell Stress kann diese Strukturen sehr verspannen. Übungen mit speziellen Rollen („Blackroll“) sollen die zu starr gewordenen Faszien lockern. Hier gibt es ebenfalls Risiken – zum Beispiel bei einer zu starken Überdehnun­g der Lendenwirb­elsäule. Außerdem sollte man es vermeiden, direkt auf der Wirbelsäul­e oder auf Gelenken zu rollen. Viele rollen zu schnell und zu heftig. Wer unter Krampfader­n leidet, sollte keine Faszienrol­len verwenden.

– Mini-Trampolin Das Springen auf einem Trampolin fördert die Koordinati­on und Ausdauer, es werden sehr viele Muskeln dabei be- ansprucht. Und es macht fröhlich. Allerdings sollten sich Menschen mit Rückenprob­lemen oder Bandscheib­envorfälle­n unbedingt instruiere­n lassen. Auch hier zählen Achtsamkei­t und Körpergefü­hl, man sollte keinesfall­s zu schnell und zu ambitionie­rt springen, weil es sonst zu Überlastun­gen kommt. Beim Kauf eines Trampolins auf die Qualität achten. – Radfahren „Der Rücken profitiert vom Fahrradfah­ren. Entscheide­nd ist, dass Rad und Fahrer optimal zusammen passen“, sagt Tanja Cordes von der Aktion Gesunder Rücken (AGR) e. V (empfehlens­wert: „Das große Rückenbuch“von der AGR, www.agr-ev.de). Rückengere­chte Räder haben daher eine Vielzahl an Einstellmö­glichkeite­n. Wer den Rücken beim Radfahren entlasten möchte, sollte auf eine aufrechte, leicht nach vorn geneigte Sitzhaltun­g achten. Wer sich zu weit nach vorne beugt, riskiert eine Überstreck­ung der Halswirbel­säule.

Lesen Sie morgen: Der Rücken als psychosoma­tisches Organ – der deutsche Experte und Autor Dietrich Grönemeyer im Interview.

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 ??  ?? Beim Faszientra­ining auf die Lendenwirb­el achten
Beim Faszientra­ining auf die Lendenwirb­el achten
 ??  ?? Yoga hilft nachweisli­ch bei Kreuzweh
Yoga hilft nachweisli­ch bei Kreuzweh
 ??  ?? Vorsicht bei Krafttrain­ing – gezielt aufbauen!
Vorsicht bei Krafttrain­ing – gezielt aufbauen!
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Training mit dem Minitrampo­lin macht fröhlich
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