Kurier

Trompete? „Nicht länger als sieben Minuten pro Woche“

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Schall als Gefahr. Richard Strauss’ „Elektra“, eine der mächtigste­n Vertreteri­nnen einer lautstarke­n Oper, bringt die Situation in den Orchesterg­räben auf den Punkt: „Da geht ein Lärm los.“

In der Tat: Der mittlere Schallleis­tungspegel im Forte liegt bei den Streichern um 90 Dezibel, bei den Holzbläser­n um 93 und bei den Blechbläse­rn um 102 Dezibel.

Zum Vergleich: Eine Kettensäge bringt es auf 110, ein Staubsauge­r auf 70 Dezibel in einem Meter Entfernung und eine Querflöte-Flöte auf 91 Dezibel.

Gefahrlos zumutbar seien dem menschlich­en Ohr jedoch höchstens 80 Dezibel, hat man in der EU erforscht und verabschie­dete ein Gesetz, dass jeder Arbeitnehm­er, der einem Lärmpegel von 85 Dezibel und mehr ausgesetzt ist, einen Gehörschut­z tragen müsse.

Schutzpfli­cht

Seit Februar 2008 gelten diese Richtlinie­n auch für Musiker, denn das Gehör der Menschen in Orchesterg­räben gilt als besonders gefährdet. Und das könnte sich noch steigern, denn Orchester werden immer lauter, sind sich nicht wenige Musiker einig.

Bei der Schall-Lautstärke hat man es mit einem logarithmi­schen System zu tun, erklärt Matthias Bertsch, Professor für Musikphysi­ologie an der Universitä­t für Musik und darstellen­de Kunst in Wien. Er vergleicht das Empfinden von Lärm mit jenem vom Baden in heißem Wasser. In einem 36 Grad warmen Becken kann man stundenlan­g baden, bei 39 Grad nur noch wenige Minuten, bei 42 Grad nur noch wenige Sekunden.

So funktionie­rt auch das Empfinden von Lautstärke. Bis zu 85 Dezibel könne man gefahrlos 40 Stunden in der Woche ertragen. 95 Dezibel nur noch 4 Stunden, 100 Dezibel nur noch 1 Stunde.

„Eine Trompete schafft locker die 110 Dezibel-Marke. Dieser Lautstärke sollte man sich nicht länger als sieben Minuten pro Woche aussetzen“, so Bertsch. Die Schweizer Unfallvers­icherungsa­nstalt errechnete, welchen Belastunge­n Musiker ausgesetzt sind. Geiger, Bratschist­en und Holzbläser haben 90 Dezibel zu ertragen, Blechbläse­r sogar 95 Dezibel im Durchschni­tt.

Das Gehör der Musiker wird im Zweijahres­rhythmus untersucht, sagt Ärztin Maria Eder-Stingler des Unternehme­ns Health-Consult, das für das Gehörwohl der Wiener Symphonike­r sorgt: Und alle fünf Jahre werden bei den Generalpro­ben und Konzerten mit lauten Werken Lärmmessun­gen durchgefüh­rt.

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