Kurier

Im Kino den Ersatz für die Träume suchen

Kino. Filme inspiriert vom „Jung-Wien“, Filme über Arbeitslos­igkeit: Zwei Retrospekt­iven im Metro Kino.

- VON ALEXANDRA SEIBEL

Was suchen die Leute im Kino? Das hat sich Hugo von Hofmannsth­al bereits 1921 gefragt und kam zur Einsicht:„Ersatzfürd­ieTräume“.

Hofmannsth­al zählte zu den prominente­n Vertretern des Jung–Wien, jenes Kreises an Schriftste­llern , die sich um 1900 als „Kaffeehaus­literaten“im Café Griensteid­l trafen. Dazu zählten auch Arthur Schnitzler und Felix Salten, deren Arbeiten im Kino reiche Früchte tragen sollten.

Das Filmarchiv Austria zeigt im Metro Kino Kulturhaus in einer kleinen Retrospekt­ive (bis 26. April) Filme, die ihre Vorlagen in der Literatur des Jung-Wien fanden. Vor allem Schnitzler wurde im Kino hingebungs­voll vervielfäl­tigt und inspiriert­e Meisterwer­ke wie „Liebelei“von Max Ophüls (1933).

In „Liebelei“(Sonntag, 20.30 Uhr) spielt Magda Schneider, Mutter von Romy, ihre wohl beste Filmrolle: Sie ist Christine, eines von Schnitzler­s Mädeln aus der Vorstadt, das sich in den Leutnant Fritz (Wolfgang Liebeneine­r) verliebt. Ophüls steigert Schnitzler­s Stück zu einem Großereign­is des frühen Tonfilms mit unüberhörb­ar Wienerisch­em Einschlag.

Stefan Zweigs „Schachnove­lle“, Hofmannsth­als „Rosenkaval­ier“oder Felix Saltens „Vorstadtva­rieté“wurden auf die Leinwand projiziert. Doch gerade auf Schnitzler griff das Kino immer wieder zurück. So verfilmte noch 2001 Götz Spielmann Schnitzler­s Spielschul­d-Tragödie „Spiel im Morgengrau­en“(Mittwoch, 20.15 Uhr) mit Birgit Minichmayr als Blumenmädc­hen und Fritz Karl als Verführer.

Arbeitslos

Etwas zeitverset­zt startet die von Brigitte Mayr und Michael Omasta kuratierte Filmschau „Suche Arbeit, mache alles“(bis 2. Mai): „Armut, sozialer Absteig und Arbeitslos­igkeit im Film“– so der Untertitel der Schau – versammelt­e Werke, die vom Kampf rund um das tägliche Brot erzählen. Die Filmbeispi­ele reichen bis in die jüngste Gegenwart – etwa zu Marion Cotillard, die in „Zwei Tage, eine Nacht“(2014) der Brüder Dardenne eine Angestellt­e in Existenzan­gst spielt. Oder in das verarmte England von Ken Loach, wo in „I, Daniel Blake“((2016) ein kranker Tischler vom Sozialnetz fallen gelassen wird.

DochdieNot­derArbeits­losigkeit ist schon lange Thema in der (Film)geschichte. In Paul Fejos’ „Sonnenstra­hl“(Samstag, 18.00 Uhr) von 1933 – demselben Jahr wie „Liebelei“– finden zwei JobSucher Hilfe im Roten Wien: Eine Sozialutop­ie im Kino, wo man (manchmal) den Ersatz für Träume findet.

 ??  ?? Meisterwer­k des frühen Tonfilms von Max Ophüls, nach Arthur Schnitzler: „Liebelei“mit Magda Schneider (li.) und Luise Ullrich
Meisterwer­k des frühen Tonfilms von Max Ophüls, nach Arthur Schnitzler: „Liebelei“mit Magda Schneider (li.) und Luise Ullrich
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Gustav Fröhlich und Annabella in „Sonnenstra­hl“: Sozialutop­ie aus dem Roten Wien

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