Die Beatles-Stadt im Aufbruch
Liverpool. Die City an der Mersey hat sich zum Hotspot für Musik, zeitgenössische Kunst und Kultur entwickelt
Meine Abschlussarbeit handelt von den Auswirkungen von John Lennons Tod auf meine Generation.“Shelley Ruck arbeitet in der„ Beatles Story “, dem Beatles Museum im Albert Dock in Liverpool. Sie war noch nicht geboren, als Lennon starb, aber sie studiert die Beatles. Denn die Liverpool University bietet einen Studiengang mit M aster-Abschluss an, der sich ausschließlich der einflussreichsten Pop Band widmet. Und, dachte sie, wenn sie schon Kinder durch die „Discovery Zone“der Beatles-Story führt, die dort spielerisch Leben und Werk der Pilzköpfe entdecken können, wäre es doch gut „Magister der Beatles“zu sein.
Der Stolz der „Liverpudlians“auf die berühmten Söhne ihrer Stadt ist hier überall präsent. Vor allem im Cavern Quarter rund um die Mathew Street. Am Anfang des Gässchens kann man im„HardDaysNight “- Hotel übernachten, dahinter reiht sich ein Live-Musik-Club an den anderen – mit Namen wie „Rubber Soul“, „Revolution“oder „Imagine“. Der Cavern Club, in dem die Beatles ihre Karriere begannen, ist die Hauptattraktion. Der kultige Kellerschuppen ist wie ein Museum, das meist bei freiem Eintritt bespielt wird – von einer Beatles-Cover-Band, oder Musikern, die alle Hits der 60er drauf haben.
Trotzdem dreht sich in Liverpool längst nicht mehr alles nur um die Beatles. 2008 war der 466.000 Einwohner zählende Ballungsraum europäische Kulturhauptstadt. Fünf Milliarden Pfund wurden damals investiert – in Renovierung, das Shoppingcenter Liverpool One, das Stadtteile am Hafen-Kai zusammenführte, die durch brachliegende Industrieanlagen getrennt waren. Ein guter Teil der Investitionen floss aber in das Kulturangebot. Zum Beispiel in 125 Replikate der von Taro Chiezo für die erste Liverpooler Biennale entworfenen Superlambbanana-Statue (vorne Lamm, hinten Banane), die wie der Berliner Bär ein Wahrzeichen geworden ist.
Jubiläums-Aktivitäten
Im Jubiläums-Jahr 2018 gibt es in Liverpool wieder unzählige Aktionen. Aber das Flair der Stadt hat sich auch aus anderen Gründen in den letzten Jahren drastisch geändert. Die Nachwehen der Wirtschaftskrise der 70er-Jahre sind überwunden, jetzt ist sie geprägt von der Aufbruchs stimmung einer jungen, vitalen Kreativszene. Überall sieht man Musiker mit Instrumenten. Denn Paul McCartney’s Pop-Uni LIPA mit ist hier heimisch. Und Wohnraum ist weit billiger ist als in London.
Das zieht auch Talente anderer Kunstsparten an. Diese Szene hat sich im Süden, im Baltic Triangle, angesiedelt. Dort reihen sich im Northern Lights, einer revitalisierten Lagerhalle, Arbeitsräume für Filmemacher, Künstler und Designer aneinander. Daneben hat sich eine ebenso bunte Lokal-Szene entwickelt: Constellations beherbergt Jazzmusiker, Dub-Clubs, und gute Köche. Um die Ecke gibt es Streetfood im Baltic Market, und Ghetto Golf, ein IndoorMinigolf-Platz im Graffiti-Look, gezimmert aus alten Toiletten, Autos oder Büchern.
Mit soviel jungen Menschen (55.000 Studenten an drei Universitäten) hat sich auch rund um den Concert Square lebhaftes Nachtleben entwickelt. Dort am Samstag ein Bier zu bekommen, heißt Schlange stehen. In der Bold Street daneben kann man in Second-HandBoutiquen wühlen, sich ein Tattoo stechen lassen oder im Mowgli indische Gerichte genießen. Auf der anderen Seite des Platzes gibt es elegantere Lokale wie das in eine Kirche gebaute Alma de Cuba in der Seel Street.
DJs in der Kathedrale
Wie aufgeschlossen Liverpool ist, zeigt die riesige Kathedrale. Ihr 188 Meter langes Hauptschiff ist auch VeranstaltungsHalle. Konzerte auf der 10.268 Pfeifen-Orgel sind dabei noch die konventionellste kommerzielle Nutzung. Denn hier finden auch Popkonzerte, Dinnerpartys und sogar DJ Auftritte statt.
Auch Freunde klassischer Kunst kommen nicht zu kurz: DieStadthatmehrMuseenalsjede andere Englands außerhalb von London, darunter die Tate Liverpool, die Walker Gallery und das „Blue Coat“-Zentrum für zeitgenössische Literatur, Tanz und Malerei. Im Hof der ehemaligen Schule kann man nach all dem Sightseeing innehalten und einen ruhigen Afternoon-Tea genießen.