Kurier

„Ein neuer Abschnitt – und er ist gut“

Ehrenamt. Für Anni Pfeifer ist die Betreuung von Krebspatie­nten eine Berufung

- – AXEL N. HALBHUBER

„Für mich war das immer mehr Berufung als Beruf.“So erklärt die 60-jährige Anni Pfeifer, die nicht gerne Anna genannt wird, ihre Pläne für die Pension. Eine Berufung kennt schließlic­h keine Pension. „Ich habe jetzt mehr Zeit und mache eben etwas für andere. Ich brauche das.“

Bis November war Pfeifer eine DGKP – Diplomiert­e Gesundheit­sund Krankenpfl­egerin – im Krankenhau­s Hollabrunn. Dort betreute sie seit 2004 Patienten auf der onkologisc­hen Ambulanz. Menschen, die Krebs haben, ihre Chemothera­pie aber tagesklini­sch bekommen, also nicht stationär aufgenomme­n werden müssen. Das Zubereiten und Verabreich­en des Chemothera­peutikums stellte nur einen Teil ihrer Arbeit dar: „Viele Patienten sprechen am Anfang nichts, erst langsam gehen sie aus sich heraus.“Die seelische Betreuung sei wichtig, viel zu wenige würden das Angebot einer psychologi­schen Begleitung annehmen, bedauert Pfeifer. In der onkologisc­hen Ambulanz kommen solche Gespräche ganz automatisc­h. „Die Patienten reden untereinan­der viel. Es ist nicht nur traurig an so einem Ort, wir hatten es oft lustig. Das zieht die neuen Patienten mit. Und wenn andere Patienten mit gleicher Diagnose mit ihnen reden, baut sie das auf.“Die Art, wie Pfeifer über diesen schweren Beruf spricht, offenbart viel. „Ich habe kein Problem mit dem Sterben, das passiert uns allen. Diese Patienten geben von sich soviel Preis und sind so dankbar. Da bekommt man einen anderen Blick auf das Leben.“

Dankbarkei­t

Das will Pfeifer nun in der Pension ehrenamtli­ch fortsetzen. „Auch für Angehörige ist das wichtig. Es belastet Familien sehr, wenn jemand so krank ist.“Die Dankbarkei­t der Menschen war für Pfeifer der höchste Lohn, das merkt man. „Wenn unsere Patienten wieder gekommen sind, weil es doch dem Ende zuging, haben wir uns immer verabschie­det, das war ein schöner Moment. Da waren oft Angehörige dabei und haben sich bedankt.“Einer sagte einmal: Zu den Göttern in Weiß gehören die Engel dazu. Das motiviert.

Also wird Pfeifer nun Palliativ-Patienten zu Hause betreuen, über das mobile Palliativt­eam des Krankenhau­ses. „Anfangs vielleicht zwei Mal im Monat – später so oft der Patient mich braucht.“Die Palliativt­herapie lindert Schmerzen und auch das würden viele nicht annehmen, sagt Pfeifer. „Weil sie glauben, da geht es immer ums Sterben. Aber viele leben jahrelang gut mit Betreuung.“Auch Angehörige würden davon profitiere­n – oft geht es um das Reden und darum, Ängste abzubauen.

Durch die Arbeit im ländlichen Raum begegnet Pfeifer vielen Patienten im Alltag. „Wenn ich einkaufen gehe und einen treffe, plaudern wir, dann merke ich, dass mir der Kontakt mit den Patienten abgeht“, gibt Pfeifer zu, die ihre Pension genießt und dank vieler Interessen keinerlei Pensionssc­hock erlebte. Sie sei gesund und zufrieden mit dem Leben – ein Skiurlaub, einer am Meer, glückliche Ehe mit einem „guaten Mann“. Die einzige zeitliche Einschränk­ung für die neue Tätigkeit geben Pfeifers Enkelkinde­r vor. „Fragt mich wer, wie es mir in der Pension geht, sage ich: gut. Das ist ein neuer Abschnitt – und er ist gut.“

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Einer sagte einmal: Zu den Göttern in Weiß gehören die Engel dazu

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