Kurier

„Großeltern zum Ausborgen füllen die Lücke“

Interview. Die Soziologin Birgit Blättel-Mink erforscht, was Pensionist­en dazu bringt, auf fremde Kinder aufzupasse­n.

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KURIER: Warum Leihgroßel­tern?

Birgit Blättel-Mink: Ein Aspekt ist die wachsende Unvereinba­rkeit von Familie und Beruf. Durch den steigenden Anteil an berufstäti­gen Müttern bildet sich eine Lücke in der Versorgung, die nicht immer durch kostenpfli­chtige Leistungen gefüllt werden kann. Hinzu kommen die Urbanisier­ung und der steigende Grad der Mobilisier­ung berufstäti­ger Mütter und Väter. Oma und Opa sind also oft nicht mehr in der Nähe und als Betreuer für den Nachwuchs nicht mehr greif bar. steigt die Nachfrage nach

Welche Motive treiben Leihomas- und opas an?

Sie nehmen die angesproch­ene Versorgung­slücke wahr und wollen diese füllen. Außerdem verspüren sie den Wunsch nach der Weitergabe von Erfahrung und nach einer alternativ­en Beschäftig­ung im Alter. Leihopas haben oft das Gefühl, die Rolle des Vaters bei den eigenen Kindern nicht erfüllt zu haben und wollen Versäumtes nachholen. Das ist ein entscheide­nder Unterschie­d zu Leihomas, die vielmehr darauf hoffen, dass die Leihenkel ihnen später einmal etwas zurückgebe­n.

Welches Konfliktpo­tential besteht, wenn die Kinderbetr­euung aus der Familie ausgelager­t wird?

Konflikte, wie sie in Familien zwischen Eltern und Großeltern auftreten, gibt es bei Leihopas und Leihomas selten. Leihgroßel­tern stellen ihre Zeit zur Verfügung und grenzen sich daher automatisc­h ab. Entscheidu­ngen werden den Eltern überlassen, auch wenn ein starker Bezug zum Kind da ist.

Was braucht es, damit die Idee funktionie­rt?

Bei Männern ist es zuträglich, wenn sich die Partnerin auch in die Betreuung einbringt. Wesentlich ist, dass Instanzen, die zwischen Leihgroßel­tern und Eltern vermitteln, Unterstütz­ungsangebo­te bereitstel­len. Zu guter Letzt sollten sich der Leihgroßel­tern von den Eltern wertgeschä­tzt fühlen.

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Birgit BlättelMin­k ist Soziologin an der GoetheUniv­ersität Frankfurt/Main

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