Kurier

Was der neue Datenschut­z bringt

Vorwürfe. Kritiker warnen vor „zahnloser“Umsetzung der Datenschut­zgrundvero­rdnung in Österreich. Ein Experte beruhigt, aber bescheinig­t dem Staat auch eine mangelhaft­e Vorbildwir­kung.

- VON DAVID KOTRBA

Heute im Business-Magazin und der Futurezone die Auswirkung­en der neuen EU-Verordnung.

Am 25. Mai tritt die Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO) für alle Unternehme­n und Institutio­nen, die in der EU tätig sind, in Kraft. Ziel ist es, personenbe­zogene Daten besser zu schützen und die Verarbeitu­ng der Daten durch Firmen einheitlic­her zu gestalten. Die Umsetzung der DSGVO obliegt jedem EU-Mitgliedss­taat selbst. Österreich­s Vorgehen dabei wurde nun in einem Bericht der Webseite Heise.de kritisiert. Die Regierung habe demDSGVO„dieZähnege­zogen“, heißt es darin.

Kritikpunk­te

Besonders bekrittelt am heimischen Vorgehen wird etwa die weitgehend­e Verschonun­g von Unternehme­n vor Strafen. Mit etwas Geschick könnten Firmen leicht einer Bestrafung entgehen. Außerdem sehe die österreich­ische Regelung Straffreih­eit für Militär, Geheimdien­ste, Behörden und sonstige öffentlich­e Stellen vor. Gemeinnütz­ige Organisati­onen (NGOs), die Unternehme­n wegen Datenschut­zverletzun­gen klagen, dürften anderersei­ts keinen Schadeners­atz verlangen.

Diese Darstellun­g ist laut Axel Anderl, Managing Partner und Leiter des IT/IP Department der Kanzlei DORDA Rechtsanwä­lte, überzogen. „Was Österreich macht, ist keine Verharmlos­ung“, meint Anderl: „Unternehme­n müssen das DSGVO ernst nehmen, aber man kann nicht ab 25. Mai plötzlich Millionens­trafen bei geringen Vergehen verhängen.“Die EU habe bei der Formulieru­ng des Gesetzes stets vorgesehen, dass bei Vergehen verhältnis­mäßig vorgegange­n wird. Gerade zu Beginn der Umsetzung sollten Ermahnunge­n in den meisten Fällen ausreichen und eine Strafe das letzte Mittel sein. Erndem ste Verstöße werden aber geahndet werden, ist Anderl überzeugt.

„Das wird ähnlich wie im Straßenver­kehr ablaufen. Der Polizist hat die Möglichkei­t, je nach Schwere eines Deliktes zu verwarnen statt zu bestrafen.“Bei jedem Verstoß werde sich die Datenschut­zbehörde ansehen, ob er mit Vorsatz oder aus Fahrlässig­keit begangen wurde, wie ernst das Unternehme­n den Datenschut­z bislang nahm und welche Auswirkung­en der Verstoß hat. Ausschlagg­ebend sei auch die Anzahl an Betroffene­n und welche Art von Daten von dem Verstoß betroffen waren. Besonders geschützt seien etwa Daten zu Gesundheit, politische­r Gesinnung oder ethnischer Herkunft.

„Ins Knie geschossen“

Zum Vorwurf, dass NGOs keinen Schadeners­atz verlangen dürfen und deswegen um lebenswich­tige Einnahmen umfallen, hat der KURIER mit Max Schrems telefonier­t. Der Datenschüt­zer meint: „Diese Einschränk­ung ist uns egal. Wir verdienen an solchen Fällen nichts. Schlimmer ist, dass die Regierung nun Verbandskl­agen gegen ausländisc­he Unternehme­n verbietet. Die Regierung hat damit die einzige Möglichkei­t, etwas gegen Google und Facebook zu unternehme­n, beseitigt. Sie hat sich ins eigene Knie geschossen.“Die Straffreih­eit für Behörden sieht Axel Anderl aus politische­n Gründen sehr kritisch: „Ich halte diese Ausnahme für absolut verunglück­t.“Aber auch hier halte sich Österreich an die Möglichkei­ten, die dem Staat im Rahmen des DSGVO gegeben werden. „Das Problem ist die Signalwirk­ung. Es ist eine Katastroph­e, wenn öffentlich­e Stellen nicht unter Strafdrohu­ng stehen.“Mit der Zeit werde sich ein einheitlic­her Standard über alle Staaten entwickeln, mein Anderl. „Es wird Skandale geben und Millionens­trafen, Fälle, wo alles klar ist, aber genauso wird es Fälle geben, wo eine Behörde zu streng oder zu mild war. Es wird sich einpendeln.“

Mehr zum Thema DSGVO lesen Sie in der Business-Beilage des heutigen KURIER.

„Es ist eine Katastroph­e, wenn öffentlich­e Stellen nicht unter Strafdrohu­ng stehen.“

Axel Anderl Rechtsanwa­lt

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