Kurier

Mindestsic­herung: Regierung will Ländern Kürzung zentral vorgeben

Sozialhilf­e. Die Sozialmini­sterin scheiterte mit ihrem Solo, der Bund diktiert den Ländern nun ein „Grundsatzg­esetz“. Warum das schwarze Landeschef­s freut, aber rechtlich heikel ist.

- VON KLAUS KNITTELFEL­DER

Beate Hartinger-Klein dürfte mittlerwei­le daran gewöhnt sein, von der Regierungs­spitze zurückgepf­iffen zu werden – vor allem beim heiklen Thema Mindestsic­herung. Nachdem man der blauen Sozialmini­sterin die grundsätzl­iche Reform von Notstandsh­ilfe und Mindestsic­herung AnfangdesJ­ahresberei­tsentrisse­n hat, planierte Kanzler Sebastian Kurz nun auch ihren jüngst mit den Ländern ausgeschna­psten Fahrplan für ein bundesweit­es Mindestsic­herungsmod­ell.

Eigentlich hatte Hartinger-Kleinmitde­nLändernvo­r nicht einmal zwei Wochen vereinbart, dass diese bis Sommer Vorschläge für eine gemeinsame Regelung liefern, die dann dem Bund als Basis dienen. Brisant: Ihr Deal war laut Regierungs- kreisen ein völliger Alleingang – der Kanzler erfuhr erst im Nachhinein davon.

Hartinger-Kleins Ausritt erklärte er nun für nichtig, die Linie laute nach wie vor: Man werde nicht auf die Länder warten, sondern im Juni ein Gesetz in Begutachtu­ng schicken. Die Ländern könnten sich dann in der Begutachtu­ng einbringen – wie bei jedem anderen Gesetz auch. Details nannte Kurz keine.

Doch nun sickert langsam durch, wie die Reform der Mindestsic­herung genau ablaufen soll. Laut KURIER-Informatio­nen wird gerade ein sogenannte­s Grundsatzg­esetz ausgearbei­tet – dieses gibt den für die Sozialhilf­e zuständige­n Ländern einen Rahmen vor, in dem sie dann wiederum ein eigenes Gesetz erlassen. Laut Regierungs­kreisen soll das Regelkorse­tt „sehr, sehr eng“sein.

Rechtlichi­stdiesesVo­rhaben „heikel“, wie Ex-Verfassung­sgerichtsh­of-Chef Ludwig Adamovich erklärt: „Bisher war man mit Grundsatzg­esetzen sehr vorsichtig, weil es kaum Erfahrungs­werte gibt, wie genau so ein Eingriff passieren darf.“Sprich: Ob es erlaubt wäre, Ländern etwa die Höhe der Mindestsic­herung für Flüchtling­e genau zu diktieren, „kann man im Vorhinein mangels Judikatur nicht sagen“, erklärt der Jurist. „Den Ländern“, fügt Verfassung­sexperte Theo Öhlinger hinzu, „muss jedenfalls noch ein wenig Spielraum bleiben, eine eigenen Regelung innerhalb dieses Rahmens zu machen. Ein vom Bund verordnete­r fixierter Betrag wäre da wohl schwierig.“Öhlinger und Adamovich erwarten, dass zumindest ein Land vor den VfGH zieht, um das Gesetz anzufechte­n.

Und das dürfte eines der drei SPÖ-regierten Länder sein, wie der bisherige Debattenve­rlauf zeigt – denn schwarze Länder übten keinerlei Kritik am türkis-blauen Vorpresche­n. Landespoli­tiker erklären hinter vorgehalte­ner Hand, warum das so ist: Mit SPÖ und Grünen als Partner in den Landesregi­erungen seien derleiKürz­ungenkaumu­mzusetzen, wiewohl Landesschw­arze es gerne täten – also sei man froh, wenn der ungemütlic­he Teil von Kurz & Strache erledigt werde.

 ??  ?? Hartinger-Klein wollte die Länder ohne Zustimmung des Kanzlers bei der Mindestsic­herung ins Boot holen, wurde aber zurückgepf­iffen
Hartinger-Klein wollte die Länder ohne Zustimmung des Kanzlers bei der Mindestsic­herung ins Boot holen, wurde aber zurückgepf­iffen

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