Psychiaterin über Amokfahrer: „Er wollte alles auslöschen, auch sich“
Kanada. Der Täter von Toronto hasste Frauen. Eine Expertin gibt Einblicke in seine mögliche Gefühlswelt.
Wie Medien am Mittwoch berichteten, soll der Amokfahrer von Toronto aus Frauenhass gehandelt haben. Zumindest war das die erste Spur, der die Behörden nachgingen. Einerseits sind seine Opfer überwiegend weiblich, andererseits soll Alek Minassian ein Anhänger der Bewegung „Incels“gewesen sein. Darauf deutet ein FacebookPost kurz vor der Tat hin.
Die Abkürzung bezieht sich auf „involuntarily celibate“, zu Deutsch „unfreiwilliges Zölibat“. Die Bewegung besteht vor allem aus jungen Männern, die ihr unerfülltes Sexualleben als Unrecht empfinden und Frauen dafür verantwortlich machen.
„Eine Art Belohnung“
„Die Abwertung der Frauen ist eine Form der Bestrafung, das eigene nicht funktionierende Beziehungsverhalten meist der Anlass und Selbstjustiz oft die Folge“, erklärt Psychiaterin Sigrun Roßmanith das mögliche Tatmotiv des 25-Jährigen. Der Auslöser für das eigene Verhalten wird nach außen verlagert, dort bekämpft, und die Tat wirdfürsiezueinerArtBelohnung.
„Sie verursachen ein gottähnliches Szenario, die Fahrt durch die Menschenmenge wird zum höchsten Maß destruktiver Rache.“Das Fahrzeug als Waffe findet inzwischen viele Nachahmer. Es ist stark mit dem Selbstwert verbunden, jederzeit verfügbar und kann gezielt gesteuert werden.“Täter fühlen sich abgeschirmter, als wenn sie direkt in einer Menge stehen und Personen mit einem Messer niederstechen wollen“, so Roßmanith zum KURIER.
Die Psychiaterin schätzt Minassian aus der Distanz zudem als höchst suizidgefährdet ein: „Aus seiner Sicht hat er das Ganze noch nicht zu Ende gebracht. Sein Defizit bleibt übrig.“Denn eigentlich hätteerseineneigenenSuizid in Kauf genommen. „Er hat den Polizisten aufgefordert, ihn zu erschießen. Er wollte alles auslöschen, auch sich.“