240 Beschuldigte nach Bundespräsidentenwahl
Schlampig gezählt. Villachs Stadtchef vor Gericht. In ganz Österreich könnten noch Dutzende Strafanträge folgen.
Nach den Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Briefwahlstimmen im Zuge der ersten Bundespräsidenten-Stichwahl vor zwei Jahren hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSta ) rund 240 Beschuldigte in 20 österreichischen Wahlbehörden ermittelt. Gegen die Bezirkswahlbehörde Villach Stadt wurde Strafantrag eingebracht.
Es geht um die Auszählung der Stimmen des Wahlgangs vom 22. Mai 2016. Rasch wurden damals Vorwürfe laut, dass an mehreren Orten die Regeln für die Durchführung von Briefwahlen nicht eingehalten – konkret Wählerstimmen frühzeitig ausgezählt – wurden. Die Rechtswidrigkeiten betrafen laut Verfassungsgerichtshof insgesamt 77.926 BriefwahlStimmen. Die Folge: Die Bundespräsidenten-Stichwahl musste schließlich sogar wiederholt werden.
Im Visier der WKSta standen in den zwei Jahren der Ermittlungstätigkeit übereinstimmenden Medieninformationen zufolge stets folgende Wahlbehörden und deren Mitarbeiter: Zell-Gurnitz, Miesenbach, Rohrbach, Klagenfurt, Liesing, Innsbruck-Land, Südoststeiermark, Villach Stadt und Villach-Land, Schwaz, WienUmgebung, Hermagor, Wolfsberg, Freistadt, Bregenz, Kufstein, Graz-Umgebung, Leibnitz sowie Reutte.
Vorhabensberichte
Die WKSta wollte am Mittwoch dem KURIER nur bestätigen, dass die Vorwürfe hinsichtlich der fünf erstgenannten Orte eingestellt worden seien. „Zu rund 20 Wahlbehörden und rund 240 Beschuldigten wurden Vorhabensberichte an die Oberstaatsanwaltschaft Wien erstattet“, sagte WKSta-Oberstaatsanwältin Elisabeth Täubl. Folglich müssen bisher nicht genannte Gemeinden zusätzlich im Visier stehen.
Dies wollte Täubl allerdings nicht kommentieren. Sie führte lediglich aus: „Gegen zehn Personen von der Wahlbehörde VillachStadt wurde bereits Strafantrag gestellt.“
Als Leiter dieser Wahlbehörde ist Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) mitangeklagt und wird sich am Landesgericht Klagenfurt vor Richter Christian LiebhauserKarl wegen des Vorwurfs der „falschen Beurkundung im Amt“verantworten müssen.
Putzfrau deckte auf
In Villach-Stadt hatte eine FPÖ-Mandatarin und Angehörige der Wahlkommission, die im Brotberuf als Reinigungskraft tätig ist, den angeblichen Missstand aufgedeckt. Laut WKStA besteht der Verdacht, dass Briefwahlkarten „allein durch Bedienstete des Magistrats der Stadt ohne Anwesenheit eines Mitglieds der Bezirkswahlbehörde“geöffnet, ausgezählt und ausgewertet worden sein sollen. Zudem hätten Mitglieder der Bezirkswahlbehörde „fälschlich beurkundet, dass sie beim Öffnen, Auszählen und Auswerten der Briefwahlkarten anwesend gewesen seien“.
Bürgermeister Albel selbst wollte am Mittwoch keine Stellungnahme abgeben. „Den Strafantrag nehmen wir zur Kenntnis, wir werden vor Gericht unsere Sicht der Dinge darlegen und hoffen auf eine diversionelle Erledigung“, sagte sein Anwalt Meinhard Novak.