Kurier

„Ich verdiene es nicht, für Musik bezahlt zu werden“

Solo-Ausflug. Hot-Chip-Sänger Alexis Taylor kommt mit „Beautiful Thing“auf seine geliebten Beats zurück.

- VON BRIGITTE SCHOKARTH

Ein sonniger Tag in London: Alexis Taylor hat seine Tochter von der Schule abgeholt und auf den Spielplatz gebracht. Jetzt bringt er sie nicht mehr vom Kletterger­üst runter. Er sieht zu, wie sie in das Spielen versunken ist, und hat plötzlich Melodie und Text des Songs „Dreaming Another Life“Kopf.

Der ist der Einstieg in Taylors brandneues Solo-Album „Beautiful Thing“hat aber nichts mit seiner Tochter zu tun. Es geht dabei, wie in vielen anderen Songs des Albums, um Taylors Bezug zum Musikmache­n. „Ich arbeite auch viel als DJ“, erzählt er im KURIER-Interview. „ ,Dreaming Another Life‘ ist der Moment, wenn man nach einer Club-Nacht ins Freie tritt und beschreibt, wie es wäre, diese Welt ganz hinter sich zu lassen. Was nicht heißt, dass ich nie wieder einen Club betreten will.“

Natürlich nicht. Mit „Beautiful Thing“ist der Brite gerade erst zu den komplex überlagert­en Beatszurüc­kge kehrt, dieHot Chip bekannt machten. Trotzdem wirkt sein wunderschö­nes, spartanisc­hes Album „Piano“von 2016– aufgenomme­n nur mit seinem Gesang und ein paar Klavierakk­orden – dabei noch nach. Die Melodien sind ruhiger und damit ein spannender Gegenpol zur quirligen, oft mystischen rhythmisch­en Basis. Das kommt daher, dass Taylor auch diese Songs am Piano geschriebe­n hat, dann aber einen elektronis­cheren Sound wollte und die Beats dazu baute.

Leere Tonbänder

Warum er in den neuen Songs häufig über den Prozess das Musikmache­n nachdenkt, weiß Taylor selbst nicht genau. „Mir kommen diese Ideen und dann lass ich mich davon weitertrei­ben. Ich hinterfrag­e meistens nicht, was es bedeuten könnte, oder was mein Unterbewus­stsein damit nach oben spült.“

Ein Song, der weniger assoziativ ist, ist „Roll On Blank Tapes“. Da geht Taylor drauf ein, wie oft die Musikindus­trie schon totgesagt war, aber trotzdem immer weiterlebt­e .„ In den 70 er Jahren waren Kassetten verpönt,weil man dachte, sie ruinieren die Industrie. Später waren es Drum-Computer. Und heute ist es Spotify, weil die Musiker dabei zu wenig verdienen. Der Song ist eine Serie von Slogans für und gegen diese Entwicklun­gen – wobei ich nicht sage, wie ich dazu stehe.“

Auch im Interview lässt Taylor das offen: „Einerseits war und bin ich immer noch der Meinung: Ich verdiene es nicht, für Musik bezahlt zu werden, weil sie mir so viel Spaß macht. Anderersei­ts ist es eine Notwendigk­eit, damit ich das nächste Album aufnehmen oder auf Tour gehen und Musiker bezahlen kann, die mit mir spielen. Ich weiß es also nicht – das ist wirklich schwierig.“

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Alexis Taylor von Hot Chip macht sich auf seinem Solo-Album Gedanken über die Streaming-Szene

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