„Die Elektro-Mobilität ist eine Zäsur“
Nachgefragt. Denzel-Vorstandsvorsitzender Gregor Strassl über den Wandel bei Kunden und Antrieben
Seit 2014 ist Gregor Strassl Vorstandssprecher der Denzel Auto AG (siehe Zusatzartikel und Seite 5). Er sieht keinen Abgesang auf das Automobil, auch kein Gefälle zwischen Jung und Alt, sondern zwischenStadtundLand.Anders als in den mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut versorgten zwei größten Städten Österreichs, Wien und Graz, seien auf dem Land Menschen teils sogar immer mehr auf das Auto angewiesen, allein wegen der zusehends schlechteren Infrastruktur (Behörden, Post, Arzt, Schulen) und des ausgedünnten öffentlichen Verkehrs.
Die Möglichkeit, mit dem Auto wann und wohin immer man will zu fahren, sei ein unendliches Privileg. Das werden Menschen nicht so rasch aufgeben, ist Strassl überzeugt. Das Fahrzeugangebot werde jedoch vielfältiger.
Gregor Strassl über/darüber ... ... die Zukunft der Verbrennungsmotoren:
Es wird ein Nebeneinander mehrerer Antriebsarten geben. Der Diesel wird ein bisschen zurückgehen, bei Fahrzeugen Mag. Gregor Strassl, geb. 1970, studierte Handelswissenschaften an der Wirtschafts-Uni Wien. Seit seinem Einstieg bei Ford in Salzburg ist er im Autogeschäft tätig, seit 11 Jahren bei Denzel. Bei den Sondierungen rund um neue Importmarken vor allem aus China lernte Strassl auch diesen Teil Asiens gut kennen. 2014 übernahm er den Vorstandsvorsitz des Konzerns. Er ist zudem stv. Vorsitzender des Arbeitskreises der Automobilimporteure. Strassl ist verheiratet und Vater einer Tochter. Entspannung findet er bei der Waldarbeit in seiner Heimat in OÖ. Wolfgang Denzel Auto AG Gegründet 1934 von W. Denzel (s. S. 5). Der Hyundai- und Mitsubishi-Importeur und Großhändler verkauft von 19 Marken 45.000 Pkw/Jahr. Umsatz: 800 Mio. €. mit mehr als 2 Liter Hubraum ist er jedoch ungebrochen stark. Ab Jahreskilometerleistungen von mehr als 30.000 km ist er weiter der Antrieb der Zukunft. Die in Österreich leicht rückläufigen Dieselverkäufe hängen auch mit den zahlreicheren Alternativen zusammen. Einen Plug-in-Hybrid-Antrieb gab es vor ein paar Jahren nicht.
... die verhaltene Zunahme alternativer Antriebe:
Wenn die bisherige Entwicklung andauert, werden alternative Antriebe 2025 in Österreich einen Anteil von 15 bis 25 % ausmachen (siehe Grafik). Benziner und Diesel werden weiter dominieren, auch in Hybridantrieben, die stark zulegen werden. Dann folgen Batterie-elektrische und Brennstoffzellenfahrzeuge. Wir haben in Österreich bereits 100 Brennstoffzellen-Autos verkauft und bewiesen, dass das System auch im Winter funktioniert. Gegen Gasautos gibt es in Österreich seit Langem Ressentiments.
Da in Österreich zwei Drittel des Stroms aus erneuerbarer Energie erzeugt werden, ist Österreich prädestiniert für Batterie-elektrische Fahrzeuge. Wir haben schon 2010 die E-Autos Think und den Mitsubishi i-MiEV importiert. Ich sprach damals von der Marktvorbereitungsphase 2010 bis 2015, der Marktanlaufphase zwischen 2015 und 2020 und der Marktphase 2020. Das stimmt noch immer. Wenn die künftigen EFahrzeuge echte 300 km Reichweite erreichen, wird eine wichtige Schallmauer durchbrochen.
Die E-Mobilität ist eine Zäsur in der mehr als hundertjährigen Geschichte des Automobils. Aus zwei Gründen: Zum ersten Mal kommt ein Trend von Asien nach Westeuropa. Das war 100 Jahre umgekehrt. Auslöser sind die Luftprobleme in den Megastädten, die nicht Wien oder Graz heißen, sondern z.B. Chongqing, und 30 Millionen Einwohner haben. Solche Städte gibt’s in ganz Asien. Und zweitens dringt hier ebenfalls zum ersten Mal in der Automobilgeschichte eine Innovation von der kleinen Klasse in die große vor. Bisher starteten alle Innovationen in der Luxusklasse, siehe ABS oder Airbag.
... die E-Mobilität generell: ... Europa als Trendsetter in Asien bei E-Mobilität mit Batterien oder Brennstoffzellen:
Aus Sicht der Asiaten spielt Europa kaum eine Rolle, soweit wir das von unseren Importmarken (Anm. Hyundai und Mitsubishi) beurteilen können. Das muss unserer Gesellschaft bewusst sein.
... ob das an der mangelnden Innovationskraft liegt:
Österreich hat hervorragende Zulieferer. Pro Tag werden hier 1,4 Patente aus dem automobilen Bereich angemeldet, die zweitmeisten in Europa. Der Bereich ist eine Leitbranche in Österreich mit rund 250.000 direkten Arbeitsplätzen. Ein Vorteil ist, dass sie Kreuztechnologien macht. Keramiken, die etwa für das Auto entwickelt werden, werden dann auch in anderen Bereichen, etwa für den Umweltschutz, verwendet.
Der Grund für den Aufstieg Asiens ist schlicht wirtschaftlicher Natur. Neben China und Indien gibt es mehrere Staaten mit mehr als 100 Millionen Einwohnern, wie etwa Indonesien. Dort wächst die Wirtschaft pro Jahr um 5 bis 10 % (siehe Grafik),
Westeuropa dagegen ist stolz über ein Wirtschaftswachstum von 2 %.
... die Chinesen als Vorreiter auch für neue Ansätze beim Autoverkauf:
Dass neue Hersteller, insbesondere kleinvolumige, ihre Autos nur mehr digital verkaufen, kann ein Modell sein. Die Frage ist, wie viel Volumen mit diesem Ansatz erreichbar und ob es tatsächlich billiger ist, wenn ich jedes einzelne Auto dem Kunden direkt zustelle. Wir sind überzeugt, dass man künftig verstärkt Autos über das Internet kaufen wird, aber wir müssen auch offline (Anm. im stationären Handel) stark sein. Wir glauben nicht, dass 2030 jeder sein Auto nur noch online kauft. Denn: Die Technologie in den Autos wird immer komplexer, die Beratung somit immer aufwendiger und zweitens wird sich der Markt fragmentieren.
Wir schulen unsere Verkäufer intensiv, für den Kunden das Auto zu finden, das am besten seinen Bedürfnissen entspricht, damit er dann damit zufrieden ist. Dazu gehören auch entsprechend lange Probefahrten.
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