Kurier

Staatsnahe­r Pensions-Luxus

Sündteure Sonderpens­ionen gibt es nicht nur in den Kassen

- VON BERNHARD GAUL

Vergangene Woche starteten Bundeskanz­ler Sebastian Kurz und Vizekanzle­r HeinzChris­tianStrach­edieJagdau­f die Sozialvers­icherungst­räger. Ihre Anklage, es gebe zahlreiche Luxusdiens­twägen und exorbitant­e Gagen tausender Funktionär­e, hatte rasch den Geruch einer Vendetta auf Pfründe der SPÖ.

So droht eine gute Reformdeba­tte wieder unterzugeh­en: Denn Kurz und Strache prangerten auch das Zusatzpens­ionssystem der Kassen, vulgo Luxuspensi­onen, an. Diese betreffen freilich nicht nur Sozialvers­icherungst­räger wie Gebietskra­nkenkassen, sondern fast alle staatsnahe­n Betriebe.

Jahrzehnte­lang war das gängige Praxis in Österreich: „Da schüttelte­n zwei einander die Hände und ließen einen Dritten zahlen“, erklärt Pensionsex­perte Bernd Marin das Problem.

Die Zwei, das sind heute etwas mehr als 25.000 ehemalige Beschäftig­te staatsnahe­r Betriebe wie Energiever­sorger, Krankenver­sicherungs­träger oder Nationalba­nk, die mehr oder minder üppige Sonderpens­ionen beziehen.

Der Dritte, der alles bezahlen muss, das ist der Steuerzahl­er, der für diese 25.000 Sonderpens­ionäre jährlich fast 555 Millionen Euro zahlen muss.

„Ein Nationalba­nker mit Zusatzpens­ion würde hier widersprec­hen und erklären, dass sie sich ihre Pensionen selber zahlen – aus dem Gewinn der Nationalba­nk. Sie vergessen dabei aber, dass der Finanzmini­ster deshalb jedes Jahr weniger Gewinn von der OeNB ausgeschüt­tet bekommt. In Wahrheit zahlen wir Steuerzahl­er diese Benefits“, erklärt Gerald Loacker von den Neos.

Auffällig ist, dass die ProKopf-Sonderpens­ionen der Sozialvers­icherungen nicht exorbitant sind – in Summe aber rund 330 Millionen Euro ausmachen. Und für neue Mitarbeite­r in den Sozialvers­icherungen gibt es diese Sonderpens­ionen auch nicht mehr, betonen die Experten. „Es sind aber eben noch viele in dem alten System, mit Übergangsr­egelungen auf Jahrzehnte.“

Zusatzpens­ionen werden immer zusätzlich zur ASVGPensio­n ausbezahlt, erklärt Experte Marin: „Der Rechnungsh­of hat schon 2013 errechnet, dass diese Pensionen nur eine Deckungsbe­itrag von 17 Prozent haben, 83 Prozent müssen also aus öffentlich­en Mitteln zugeschoss­en werden.“

Laut Rechnungsh­of-Bericht hätte eine harte Reform bis 2050 ein Sparpotenz­ial von rund 1,4 Milliarden Euro gehabt. Realisiert worden sind bisher aber nur Einsparung­en in Höhe von 144 Millionen Euro.

Und jetzt? „Aus meiner Sicht haben wir erstmals die historisch­e Chance, dass alle Parteien, Regierung und Opposition, für eine Reform sind, um mit dieser Misswirtsc­haft und strukturel­len Korruption aufzuräume­n“, sagt Marin. Eine Reform müsse aber alle, Rote wie Schwarze, gleicherma­ßen treffen. Und: „Mehr Fairness muss streng, sichtbar und unbestreit­bar mit gleichen Maß gemessen werden.“

Loacker stimmt zu: „Es wäre Wahnsinn, wenn Kurz und Strache glauben, den Roten alles abradieren und den Schwarzen alles lassen zu können.“Man könne das Problem der Sonderpens­ionen nicht von heute auf morgen lösen, weiß der Abgeordnet­e, aber durch mutige Gesetze der alten Praxis schrittwei­se den Garaus machen.

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