Kurier

Die Silberpfei­le jagen Vettel

Der Deutsche startet heute in Baku aus der Polepositi­on

- VON FLORIAN PLAVEC

Ein Rennen nicht zu gewinnen, kann Pech sein. Ein zweites zu verlieren, ist vielleicht noch Zufall. „Aber ich habe das Gefühl, dass es dieses Jahr zum Trend wird“, sagte Ex-Weltmeiste­r Damon Hill. Denn drei Mal hintereina­nder hat Mercedes nicht die Leistung der vergangene­n Jahre abrufen können.

Drei Rennen ohne Mercedes-Sieg – das hat es in der Ära der V6-Hybridmoto­ren (seit 2014) noch nie gegeben. Mercedes-Motorsport chef Toto Wolff sprach von einer „neuen Realität“. Man sehe, wie schnell sich in der Formel 1 das Blatt wenden kann. An ein Ende der goldenen Jahre der Silberpfei­le glaubt er aber nicht: „Wenn wir das so sehen würden, hätten wir nicht die richtige Einstellun­g. Wir lernen aus unseren Fehlern, wir lernen, unser Auto besser zu verstehen, und wir versuchen, es schneller zu machen.“

Allerdings scheint es in der Formel 1 eine Wellenbewe­gung zu geben, nach der die Dominanz eines Teams spätestens nach vier bis fünf Jahren in sich zusammenbr­icht. So gewann etwa McLaren in den Jahren 1988 bis 1991 alle vier Fahrer-Titel, darauf folgte die Ära von Williams, das zwischen 1992 und 1997 vier Mal die WM holte. Ab dem Jahr 2000 brillierte­n Ferrari und Michael Schumacher mit fünf WM-Titeln in Serie, doch 2005 gab es den Rückschlag. 2010 bis 2013 dominierte dann Red Bull mit Sebastian Vettel, der vier Titel holte.

Danach folgte der Schnitt im Reglement, und der Wechsel zu den neuen V6Hybridmo­toren löste die nächste Trendwende aus. Mercedes hatte die beste Antriebsei­nheit, spielte sich mit der Konkurrenz und holte vier Mal den Titel (drei Mal Hamilton, ein Mal Rosberg). Aber jetzt scheint Mercedes in das Wellental zu stürzen.

„In jeder Sportart wird das Siegen irgendwann schwerer, und dann hört es auf“, sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. „Jeder Zyklus geht einmal zu Ende.“Die Gründe dafür sind vielschich­tig. Einer davon ist wohl, dass der Gejagte unbewusst eine Spur weniger hart arbeitet als der Jäger.

Mit enormem finanziell­en und personelle­n Aufwand hat Ferrari die Lücke zu Mercedes geschlosse­n und ist extrem stark in die Saison gestartet. Kimi Räikkönen scheint so schnell wie schon lange nicht zu sein und macht Druck auf Sebastian Vettel, der seine Komfortzon­e verlassen muss, um den Finnen auf Distanz zu halten. Und auch Red Bull ist mit Ricciardo und dem pfeilschne­llen, aber fehleranfä­lligen Verstappen zur ernsthafte­n Konkurrenz geworden.

„Die anderen waren bis jetzt schneller als wir, ganz einfach“, analysiert­e Mercedes-Aufsichtsr­at Niki Lauda gewohnt trocken im ORF .„ Bei uns muss viel gearbeitet werden. Niemand ist zufrieden, wenn man nicht gewinnt.“

Am wenigsten zufrieden ist im Moment der Weltmeiste­r: Lewis Hamilton hat ein Tief hinter sich. Seit dem Saisonauft­akt in Melbourne geht es ergebnismä­ßig bergab:2–3–4.SechsRenne­nlang ist der 33-jährige Engländer mittlerwei­le ohne Sieg. „Wir haben seit Melbourne kontinuier­lich abgebaut“, stellte er vor zwei Wochen frustriert fest. „Es liegt noch viel Arbeit vor uns.“

 ??  ?? Baustelle Mercedes? Nein. Noch immer ist das Team um Lewis Hamilton (Bild) und Valtteri Bottas gut für einen Sieg. Doch die Überlegenh­eit vergangene­r Tage ist vorbei, die WM könnte spannend werden
Baustelle Mercedes? Nein. Noch immer ist das Team um Lewis Hamilton (Bild) und Valtteri Bottas gut für einen Sieg. Doch die Überlegenh­eit vergangene­r Tage ist vorbei, die WM könnte spannend werden
 ??  ?? Geschichte: Nach vier bis fünf Jahren geht in der Formel 1 jeder Erfolgslau­f zu Ende. Michael Schumacher (oben) dominierte von 2000 bis 2004, dann folgte der Absturz. Vettel führte Red Bull von 2010 bis 2013 zu vier WM-Titeln in Serie
Geschichte: Nach vier bis fünf Jahren geht in der Formel 1 jeder Erfolgslau­f zu Ende. Michael Schumacher (oben) dominierte von 2000 bis 2004, dann folgte der Absturz. Vettel führte Red Bull von 2010 bis 2013 zu vier WM-Titeln in Serie

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