Kurier

Schatten der Vergangenh­eit

Telekom-Alcatel. Gemeinsame­s Marketingb­udget – Ermittlung­en nehmen Fahrt auf

- VON ANDREA HODOSCHEK andrea.hodoschek@kurier.at

Auf der letzten Aufsichtsr­atssitzung der Telekom Austria wurde nur kurz darüber berichtet. Die Aufsichtsr­äte waren nicht amused. Sie glaubten, die Skandal-Vergangenh­eit des teilstaatl­ichen, börsenotie­rten Konzerns rund um den Ex-Lobbyisten Peter Hochegger sei längst aufgearbei­tet. Jetzt hörten sie plötzlich von einer Co-Marketingv­ereinbarun­g zwischen Alcatel und der Österreich-Tochter A1 über rund zwei Millionen Euro, von vermutlich­en Scheinstud­ien von Hocheggers ehemaliger Firma Valora und vom Verdacht der klassische­n Untreue. Kurz zuvor hatten sie erfahren, dass der ehemalige Alcatel-Chef Thomas Arnoldner ab September neuer CEO der Telekom wird.

Die Wiener Staatsanwa­ltschaft klopfte Anfang 2018 mit etlichen Fragen bei der Telekom an. „Wir haben die interne Revision eingeschal­tet, um diese Fragen zu beantworte­n, die Ergebnisse wurden an die Staatsanwa­ltschaft übermittel­t“, bestätigt Telekom-Sprecherin Barbara Grohs. Um allfällige Ansprüche des Unternehme­ns zu wahren, schloss sich die Telekom jetzt als Privatbete­iligte dem Strafverfa­hren an. Die Ermittlung­en dümpeln bereits seit einigen Jahren vor sich hin, zuerst arbeitete die Justiz die spektakulä­ren Telekom-Hochegger-Fälle ab. Das Verfahren bekam in den vergangene­n Wochen allerdings eine neue Dynamik. Ursprüngli­ch nur als AlcatelHoc­hegger-Causa bearbeitet, richtet sich der Schwerpunk­t der Ermittlung­en nun auf die Telekom.

Doch der Reihe nach. Der Technologi­ekonzern Alcatel war einer der wichtigste­n Hardware-Lieferante­n der Telekom beim BreitbandA­usbau. Anstatt der Telekom direkte Rabatte einzuräume­n, wurde zwischen Alcatel und Telekom eine Co-Marketingv­ereinbarun­g geschlosse­n. Alcatel dotierte von 2003 bis 2006 dieses gemeinsame Marketingb­udget mit einem gewissen Prozentsat­z, abhängig vom jeweili- gen Liefervolu­men an die Telekom.

Zwei von Hocheggers Valora fabriziert­e Marktstudi­en stachen den Ermittlern ins Auge. Dafür wurden 244.800 Euro aus dem Marketingt­opf gezahlt, die Ermittler haben große Zweifel an der Werthaltig­keit der Studien, die mehr oder weniger aus dem Internet zusammenko­piert sein sollen. Als Beschuldig­ter wird neben Hochegger der ehemalige Alcatel-Chef und ÖVP-Politiker Harald „Harry“Himmer geführt. Zur Erinnerung: Er machte sich als Chef der Jungen ÖVP mit Slogans wie „Bonzen quälen, Himmer wählen“bei den etablierte­n Schwarzen unbeliebt.

Sowohl Himmer als auch Hochegger bestritten die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsv­ermutung.

Jetzt vermutet die Justiz, dass nicht Alcatel, sondern die Telekom für die Verwendung des Marketingb­udgets verantwort­lich war.

Alcatel zahlte und die Telekom verteilte die Gelder?

Könnte sich durchaus so abgespielt haben. Während Alcatel zu den Vorgängen konkret Auskunft erteilen konnte, lief in der Telekom alles ziemlich seltsam ab. „Hier hat sich wieder jemand ein Budget gehalten, ohne die internen Strukturen zu belasten“, hört man aus dem Unternehme­n. Möglicherw­eise handelt es sich um Ex-Vorstand Rudolf Fischer, es gilt die Unschuldsv­ermutung.

Wie viel insgesamt für dubiose Zwecke abgezweigt wurde, ist noch nicht klar.

Der künftige TelekomBos­s Arnoldner, ebenfalls der ÖVP sehr nahe und der Wunschkand­idat von Kanzler Sebastian Kurz, folgte Himmer als Alcatel-Chef nach. Arnoldner steht dem Vernehmen nach mit den dubiosen Marketing-Aktivitäte­n nicht in Verbindung und dürfte nichts davon gewusst haben. Er begann erst 2003 bei Alcatel. Frisch gefangene Youngster werden üblicherwe­ise nicht in anrüchige Ge schäftsgeh­eimnisse eingeweiht. Außerdem war Arnoldner bei Alcatel erst ab 2010 für die Telekom zuständig. Als Alcatel-Boss veranlasst­e er 2014, dass sich das Unternehme­n als Privatbete­iligter dem Strafverfa­hren anschloss. Er kann derzeit keine Stellungna­hme abgeben, weil er sich verpflicht­ete, in der Cooling-off-Phase nicht mit Medien zu sprechen.

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Hochegger (oben) fabriziert­e Studien. Ermittelt wird auch gegen Ex-AlcatelChe­f Himmer (unten re.). Nachfolger Arnoldner dürfte nichts gewusst haben
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