Kurier

Froschklau­ben statt Unterricht

Nationalpa­rk Donau-Auen. Schüler der NMS Orth an der Donau retten Amphibien vor dem Tod auf der Straße

- VON S. TAHA ALI MOHAMED

„Das ist ein Weibchen, schau! Das Männchen hat nämlich so einen Streifen auf dem Rücken und das Weibchen sieht mehr aus wie eine Mischung aus einer Eidechse und einer Schlange“, erklärt Antonio seinen Klassenkam­eraden Lukas und Tobi, während er stolz eine Eidechse in seiner Hand hochhält. Der Zweitkläss­ler traut sich heute nämlich zum ersten Mal, ein Amphibie anzufassen.

Auch Lukas und Tobi sind begeistert von dem Fund. „Warte, ich will noch ein Foto davon machen!“, sagt Tobi und zückt sein Handy. Lukas trägt die Eidechse dann in einem Kübel über die Straße zum nächsten Teich und Tobi überprüft, ob sich noch etwas in dem Kübel versteckt, aus der sie die Eidechse befreit haben. Danach machen sich die drei Burschen sofort auf dem Weg zum nächsten Kübel voller Frösche, Molche und Eidechsen.

Ihr Ziel: den Tieren des niederöste­rreichisch­en Nationalpa­rks Donau-Auen dabei zu helfen, die diesjährig­e Amphibienw­anderung zu überleben.

Unter Naturschut­z

Diese findet jeden Frühling statt: wenn die Temperatur­en steigen, kriechen Österreich­s Amphibien aus ihren Wintervers­tecken und machen sich auf den Weg zum nächsten Gewässer. Dort pflanzen sie sich fort und legen ihre Eier ab. Dabei müssen sie oft stark befahrene Straßen überqueren. Viele Frösche, Lurche und Salamander überleben das nicht. Allein in Niederöste­rreich sterben laut Naturschut­zbund rund 100.000 Amphibien jährlich bei der Wanderung–vielewerde­nvonAutos überfahren . Alle heimischen 20 Amphibiena­rten stehen auf der Roten Liste der Gefährdete­n Arten und daher bundesweit unter Naturschut­z.

Kübelfalle­n

Aus diesem Grund engagieren sich jedes Jahr Schüler der Zweiten Klasse der NMS Orth an der Donau freiwillig bei dem Projekt des Nationalpa­rks Donau-Auen zur Rettung der Tiere.

Mit einem 300 Meter langen Amphibiens­chutzzaun entlang der Orther Uferstraße sollen die Amphibien daran gehindert werden, auf derSuchena­chdemnächs­ten Gewässer die Straße zu überqueren. Stattdesse­n landen sieindenKü­belfallen,diehinter dem Zaun in den Boden eingelasse­n wurden und aus denen die NMS Schüler sie amnächsten­Morgenklau­ben und über die Straße tragen – Schüler wie Lukas, Antonio, Tobi und ihre Klassenkam­eraden Philip und Manuel, die an diesem Morgen zum ersten Mal am Projekt teilnehmen.

„Das Projekt findet heuer zum fünften Mal statt. Es ist eine gute Möglichkei­t, um Teenagern Natur- und Umweltschu­tz näherzubri­ngen“, erläutert Eva Pölz, Projektkoo­rdinatorin und Rangerin des Naturparks DonauAuen.

Hemmung anfangs groß

Am Anfang ist die Hemmung unter den Schülern noch groß – nach dem ersten Kübel leben sich aber fast alle in ihrer Rolle als Froschklau­ber ein: sie feuern sich gegenseiti­g an, notieren auf Klemmbrett­ern, welche Amphibien sie wo gefunden haben und stellen viele Fragen: was sind Kaulquappe­n? Welche Froschart halten sie in der Hand? Können alle Frösche so weit springen wie der Laubfrosch? Gelegentli­ch versuchen die Schüler auch, ihre Funde zu identifizi­eren und wenn sie das nicht schaffen, schauen sie auf ein Blatt mit Klassifika­tionsmerkm­alen, das sie im Biounterri­cht als Vorbereitu­ng für das Projekt bekommen haben.

Am Ende der Arbeit sind alle begeistert. „Es macht mehr Spaß als Unterricht!“, sagt Lukas, der seine Tätigkeita­lsFroschkl­auberforts­etzen möchte. Philip stimmt ihm zu: „Ich will wieder was mit den kleinen Fröschen machen. Die großen sind eklig, aber die kleinen sind süß!“

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria