Kurier

Was sich in der Sandkiste tummelt

Hygiene. Keime auf dem Spielplatz sind nur dann ein Problem, wenn man nichts darüber weiß – ein Faktenchec­k

- VON ELISABETH GERSTENDOR­FER

Kuchen backen, riesige Burgen bauen oder einfach nur die Finger möglichst tief in den Gatsch graben – die Sandkiste ist für die meisten Kinder die größte Attraktion auf dem Spielplatz. Manche Eltern besorgt das, sie fürchten mangelnde Hygiene. Zu Unrecht, wie Umweltmedi­ziner Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien sagt: „In Sandproben findet man zwar zahlreiche Bakterien, diese sind aber zu einem überwiegen­den Teil völlig ungefährli­che Bodenbakte­rien. Es gibt zwareingew­issesInfek­tionsrisik­o,aberdasist sehr gering.“

Wissenscha­ftliche Veröffentl­ichungen zu Keimen in Sandkisten gibt es kaum. In einer älteren Untersuchu­ng des Landesgesu­ndheitsamt­s von Baden-Württember­g aus dem Jahr 2001 fanden Experten in etwa 40 Prozent der 148 untersucht­en Proben fäkale Verunreini­gungen, in jeder vierten Probe entdeckten sie Parasiten oder deren Eier. Das Krankheits­risiko sei dennoch niedrig gewesen, da die Menge der Erreger im Spielsand so klein war, dass sie für Kinder unbedenkli­ch sei.

Speiserest­e locken Tiere an

Auch Umweltmedi­ziner Hutter konnte bei einer Untersuchu­ng von Sandproben keine gefährlich­en Keime entdecken. „Wir haben zwar auch Parasitene­ier gefunden, die etwa über Hundekot übertragen werden. Die Mengen waren aber minimal“, sagt Hutter. Hunde sind auf den meisten Spielplätz­en verboten, nicht immer halten sich Besitzer daran. Auch Ratten, Tauben oder Marder platzieren ihre Hinterlass­enschaften mitunter in der Sandkiste. Hutter: „Normalerwe­ise halten sich die Tiere nicht gerne auf dem Spielplatz auf. Wenn aber viele Lebensmitt­elreste herumliege­n, wird er attraktiv.“

Viele Keime werden zudem durch die UVStrahlun­g der Sonne unschädlic­h gemacht. Sie haben eine desinfizie­rende Wirkung, während feuchter Sand ideale Bedingunge­n für Bakterien bietet. Nach Regen sollte man daher besser ein wenig warten, bis der Sand wieder trocken ist. In der privaten Sandkiste kann der Sand regelmäßig umgegraben werden, damit Sauerstoff dazukommt und nasser Sand trocknen kann.

Regelmäßig­e Kontrollen

Eine gesetzlich­e Verpflicht­ung oder Verordnung für öffentlich­e Parkanlage­n, die einen Sandtausch in einem bestimmten Zeitablauf vorschreib­t, gibt es nicht. Auch einheitlic­he Untersuchu­ngsmethode­n oder Bewertungs­maßstäbe für die hygienisch­e Beurteilun­g sind nicht vorgeschri­eben. Die 650 Spielplätz­e der Stadt Wien werden laut Wiener Stadtgärte­n das ganze Jahr über mindestens einmal kontrollie­rt, stark genutzte teilweise auch täglich. „Unsere Kontrolleu­re nehmen mindestens einmal jährlich Proben und lassen diese im Labor hygienetec­hnisch untersuche­n. Sollte eine Verunreini­gung festgestel­lt werden oder eine starke Verschmutz­ung vorliegen, wird der Sand rasch ausgetausc­ht, in einigenPar­kanlagenme­hrmalsproJ­ahr“,sagt Stadtgarte­ndirektor Rainer Weisgram.

Eine weitere Stelle, an denen sich auf dem Spielplatz Bakterien sammeln, sind die Wasserausl­ässe, an denen auch viele Kinder trinken. Sollten sie eine bedenklich­e Menge an Keimen aufweisen, rieche das Wasser laut Umweltmedi­ziner Hutter unangenehm und sollte nicht getrunken werden. „Aus hygienisch­er Sicht ist auch stehendes Wasser nicht bedenklich. Beim Trinken aus einem Hydranten sollte man aber den Mund nicht an den Auslass legen. Ist ein Kind krank, können die Erreger so zum nächsten Kind übertragen werden.“Wichtig sei jedenfalls, dass Kinder schon früh lernen, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen.

Ein viel größeres Problem als im Spielsand und Wasser sieht der Experte in ausgedrück­ten Zigaretten­stummeln. Oft bemerken Eltern diese erst, wenn das Kind sie schon im Mund hat. „Tabakreste und Filter sind sehr giftig. Das Verschluck­en kann lebensbedr­ohlich sein. Sie am Spielplatz fallen zu lassen, ist ein absolutes No-Go“, meint Hutter. Passiert es, dass ein Kind den Zigaretten­rest verschluck­t, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

 ??  ??
 ??  ?? Kinder lieben es, im Sand zu spielen, viele Eltern sorgen sich um die Hygiene. Tatsächlic­h gibt es viele Keime, fürchten muss sich aber niemand
Kinder lieben es, im Sand zu spielen, viele Eltern sorgen sich um die Hygiene. Tatsächlic­h gibt es viele Keime, fürchten muss sich aber niemand

Newspapers in German

Newspapers from Austria