Die Pessimisten spielen groß auf
Young Boys Bern. Thorsten Schick und Trainer Adi Hütter holten mit dem Team der ewigen Verlierer den Titel
Als am vergangenen Sonntag der FC Basel in Sion spielte, drückten in Bern alle dem Verfolger die Daumen. Nichts fürchteten die Spieler und Fans der Berner Young Boys mehr, als den ersten Meistertitel seit 32 Jahren nur als ZuseherundZaungastzugewinnen. „Wir wollten nicht auf der Couch Meister werden“, erklärt Thorsten Schick.
Zum Glück für den Steirer und seine Berner Teamkollegen spielte der FC Basel mit (2:2) und bescherte dem Traditionsverein aus der Hauptstadt damit einen gebührenden Rahmen, um den historischen Triumph zu fixieren. In einem Heimspiel, vor ausverkauftem Haus, die letzten 6000 Tickets für das gestrige Duell mit Luzern waren innerhalb einer Dreiviertelstunde weg. Sie bekamen etwas zu sehen. Bern gelang das Meisterstück gestern mit einem 2:1Last-Minute-Sieg. „Die ganze Stadt redet über die Young Boys“, erzählt Schick.
Leidgeprüfte Fans
Und das mag etwas heißen. Denn der Young-Boys-Fan an sich ist ein ewiger Pessimist, der gerne das Unheil heraufbeschwört. Selbst als die Berner im Frühjahr den Vorsprung auf Serienmeister FC Basel auf mehr als zehn Punkte ausgebaut hatten, bekam Trainer Adi Hütter manchmal noch skeptische Stimmen zu hören.
Das Misstrauen und der Zweckpessimismus kommen nicht von ungefähr, die BernAnhänger sind leidgeprüft und haben es in der Vergangenheit oft schon erlebt, dass sicher geglaubte Siege und Titel verspielt wurden. Es gibt mittlerweile sogar einen eigenen Begriff dafür: veryoungboysen. „Wenn du bei diesem Verein bist, dann lernstdusofort,wasdamitgemeint ist“, sagt Schick, der nun schon die zweite Saison in Bern spielt.
In den vergangenen Wochen war aber von Veryoung- boysen keine Rede mehr. Zu souverän präsentierte sich das Team, als dass irgendwer noch glaubte, die Young Boys könnten den Titel noch verspielen. „Da kann einfach nichts mehr schiefgehen“, versicherte Thorsten Schick bereits vor dem Match gegen Luzern. Der bisherige Saisonverlauf und 13 Punkte Vorsprung auf den FC Basel sprechen Bände.
Damit hören sich endlich auch die kleinen Sticheleien auf, mit denen der steirische Mittelfeldspieler konfrontiert ist, seit er bei Young Boys am Ball ist. „Ich bekomme immer zu hören, dass ich bei einem großen Verein spiele, dann kommt meistens das große Aber. Weil Bern eben nie Titel holt“, sagt der 27-Jährige, „deshalb macht es mich stolz, dass wir hier jetzt Geschichte schreiben.“
Die Young Boys haben sogar noch die Chance auf das erste Double seit 1958. „Das hat eine historische Dimension. Wir haben uns das über die letzten Monate erarbeitet“, sagt Adi Hütter.
Der Vorarlberger hat den Traditionsklub wieder wachgeküsst. Im Herbst 2015 hat Hütter die Young Boys übernommen, inzwischen ist der 48-Jährige in der Super League nicht nur der Trainer mit der aktuell längsten Dienstzeit, er hat der Mannschaft auch einen attraktiven und offensiven Spielstil verordnet, mit dem die Young Boys begeistern. Sein Team hat in dieser Saison 21 Tore mehr erzielt als Verfolger Basel, „wir schießen im Schnitt 2,2 Tore pro Spiel, das honorieren die Fans“, weiß der ehemalige Salzburg-Coach.
Erfolgreicher Trainer
Während der Vertrag von Thorsten Schick mit dieser Saison endet, sitzt Adi Hütter offiziell noch bis 2019 bei den Young Boys auf der Bank. Das wäre jedenfalls der Plan, auch wenn dem Österreicher bewusst ist, dass er sich mit seinen Erfolgen in Bern für höhere Aufgaben empfohlen hat. „Wenn du es als Trainer schaffst, in Österreich und in der Schweiz Titel zu holen, dann wird das sicher registriert“, sagt Hütter.
Thorsten Schick drückt es anders aus: „Ich glaube nicht, dass seine Reise als Trainer in Bern endet.“