Kurier

Die Pessimiste­n spielen groß auf

Young Boys Bern. Thorsten Schick und Trainer Adi Hütter holten mit dem Team der ewigen Verlierer den Titel

- VON CHRISTOPH GEILER

Als am vergangene­n Sonntag der FC Basel in Sion spielte, drückten in Bern alle dem Verfolger die Daumen. Nichts fürchteten die Spieler und Fans der Berner Young Boys mehr, als den ersten Meistertit­el seit 32 Jahren nur als Zuseherund­Zaungastzu­gewinnen. „Wir wollten nicht auf der Couch Meister werden“, erklärt Thorsten Schick.

Zum Glück für den Steirer und seine Berner Teamkolleg­en spielte der FC Basel mit (2:2) und bescherte dem Traditions­verein aus der Hauptstadt damit einen gebührende­n Rahmen, um den historisch­en Triumph zu fixieren. In einem Heimspiel, vor ausverkauf­tem Haus, die letzten 6000 Tickets für das gestrige Duell mit Luzern waren innerhalb einer Dreivierte­lstunde weg. Sie bekamen etwas zu sehen. Bern gelang das Meisterstü­ck gestern mit einem 2:1Last-Minute-Sieg. „Die ganze Stadt redet über die Young Boys“, erzählt Schick.

Leidgeprüf­te Fans

Und das mag etwas heißen. Denn der Young-Boys-Fan an sich ist ein ewiger Pessimist, der gerne das Unheil heraufbesc­hwört. Selbst als die Berner im Frühjahr den Vorsprung auf Serienmeis­ter FC Basel auf mehr als zehn Punkte ausgebaut hatten, bekam Trainer Adi Hütter manchmal noch skeptische Stimmen zu hören.

Das Misstrauen und der Zweckpessi­mismus kommen nicht von ungefähr, die BernAnhäng­er sind leidgeprüf­t und haben es in der Vergangenh­eit oft schon erlebt, dass sicher geglaubte Siege und Titel verspielt wurden. Es gibt mittlerwei­le sogar einen eigenen Begriff dafür: veryoungbo­ysen. „Wenn du bei diesem Verein bist, dann lernstduso­fort,wasdamitge­meint ist“, sagt Schick, der nun schon die zweite Saison in Bern spielt.

In den vergangene­n Wochen war aber von Veryoung- boysen keine Rede mehr. Zu souverän präsentier­te sich das Team, als dass irgendwer noch glaubte, die Young Boys könnten den Titel noch verspielen. „Da kann einfach nichts mehr schiefgehe­n“, versichert­e Thorsten Schick bereits vor dem Match gegen Luzern. Der bisherige Saisonverl­auf und 13 Punkte Vorsprung auf den FC Basel sprechen Bände.

Damit hören sich endlich auch die kleinen Sticheleie­n auf, mit denen der steirische Mittelfeld­spieler konfrontie­rt ist, seit er bei Young Boys am Ball ist. „Ich bekomme immer zu hören, dass ich bei einem großen Verein spiele, dann kommt meistens das große Aber. Weil Bern eben nie Titel holt“, sagt der 27-Jährige, „deshalb macht es mich stolz, dass wir hier jetzt Geschichte schreiben.“

Die Young Boys haben sogar noch die Chance auf das erste Double seit 1958. „Das hat eine historisch­e Dimension. Wir haben uns das über die letzten Monate erarbeitet“, sagt Adi Hütter.

Der Vorarlberg­er hat den Traditions­klub wieder wachgeküss­t. Im Herbst 2015 hat Hütter die Young Boys übernommen, inzwischen ist der 48-Jährige in der Super League nicht nur der Trainer mit der aktuell längsten Dienstzeit, er hat der Mannschaft auch einen attraktive­n und offensiven Spielstil verordnet, mit dem die Young Boys begeistern. Sein Team hat in dieser Saison 21 Tore mehr erzielt als Verfolger Basel, „wir schießen im Schnitt 2,2 Tore pro Spiel, das honorieren die Fans“, weiß der ehemalige Salzburg-Coach.

Erfolgreic­her Trainer

Während der Vertrag von Thorsten Schick mit dieser Saison endet, sitzt Adi Hütter offiziell noch bis 2019 bei den Young Boys auf der Bank. Das wäre jedenfalls der Plan, auch wenn dem Österreich­er bewusst ist, dass er sich mit seinen Erfolgen in Bern für höhere Aufgaben empfohlen hat. „Wenn du es als Trainer schaffst, in Österreich und in der Schweiz Titel zu holen, dann wird das sicher registrier­t“, sagt Hütter.

Thorsten Schick drückt es anders aus: „Ich glaube nicht, dass seine Reise als Trainer in Bern endet.“

 ??  ?? Erfolgstra­iner: Mit Adi Hütter ging es in Bern bergauf
Erfolgstra­iner: Mit Adi Hütter ging es in Bern bergauf

Newspapers in German

Newspapers from Austria