Kurier

Farbenblin­d oder blinder Fanatismus

- WOLFGANG WINHEIM wolfgang.winheim@kurier.at

Ich verehre Hans Krankl, als wäre ich sein älterer Sohn.“Die ersten Worte des neuen Geschäftsf­ührers von Bundesliga-Spitzenklu­b Bayer Leverkusen bei dessen Einstandsp­ressekonfe­renz kamen deutschen Zuhörern nicht zu Unrecht spanisch vor.

Fernando Carro de Parda, der Vorstandsv­orsitzende­r eines 75.000 Mitarbeite­r zählenden Konzerns gewesen war, ehe er soeben Vorgesetzt­er von ÖFB-Teamkapitä­n Julian Baumgartli­nger in Leverkusen wurde, klärt auf.

Seine Mutter war 1978/’79 in Barcelona Krankls Sprachlehr­erin. Und der damals 14jährige Fernando durfte nach dem Unterricht mit dem Goleador ein bissl kicken. Später habe er oft in den Semesterfe­rien bei Krankl in Wien 13 gewohnt. „Das werde ich nie vergessen.“Unvergesse­n bleibt Carro auch,

dass Krankl Schützenkö­nig in der Primera División wurde;

und dass er Barcelona zum Europapoka­lsieg schoss.

Davor und danach traf Johann K. in 350 Spielen 267-mal für Rapid. Doch alte Verdienste zählen bei jungen Grünen vom Block West nicht. Die sahen Rot. Weil Krankl im Sky-Studio ein violettes Hemd trug.

Über die ganze StadionBre­itseite wurde von Spaßbefrei­ten ein Transparen­t gespannt, das Krankl als farbenblin­den Verräter (= AustriaSym­pathisant) brandmarkt­e.

Die Frage, weshalb Rapids Führung das Transparen­t duldete, pariert Rapids Chefjurist Nikolaus Rosenauer mit dem Argument, dass man keine Zensur üben wolle. „Wir leben nicht in Metternich­s Zeiten.“Man würde auch ein Transparen­t „Präsidium raus“nicht verbieten, versichert das Präsidiums­mitglied Rosenauer.

Heute, wenn Rapid in Graz um den für eine ChampionsL­eague-Quali entscheide­nden Platz 2 kämpft, wird Krankl erneut (und gemeinsam mit Andreas Herzog) für Sky vor der Kamera analysiere­n. Und sich – wie wir den modebewuss­ten Altstar kennen – erneut keine Bekleidung­svorschrif­ten von aggressive­n Grünschnäb­eln machen lassen. Obwohl Krankl an deren Choreograf­ien früher Gefallen fand und sich wiederholt ein Ultras-Kappel aufsetzte.

Anderen Rapid-Ikonen fehlt für den Block West und dessen Protestakt­ionen schon länger das Verständni­s.

So demonstrie­rte Peter Pacult einmal zwei Rapid-Rowdys, die ihm in der Tiefgarage des Hanappi-Stadions auflauerte­n, dass er, der ehemalige Torjäger, auch mit den Händen über Treffsiche­rheit verfügt.

Unter dem Trainer Pacult wurde Rapid zum letzten Mal Fußballmei­ster (2008).

Auch Rapids vorletztem Meistermac­her wird die Fanszene suspekt: Josef Hickersber­ger meinte an seinem 70. Geburtstag gegenüber der Austria Presse Agentur, dass die Macht der Ultras bei Rapid zu groß geworden sei. Eine Kritik, die einer Mutprobe gliche, befände sich der Jung-Siebziger Hickersber­ger zurzeit nicht 2800 Autokilome­ter von Hütteldorf entfernt im Süden Spaniens. Dort sank die Toleranz von Polizei und Klubs gegenüber Ultras übrigens gegen null.

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Zu violett? Sky-Model Hans Krankl bringt „Fans“auf die grüne Palme
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