Kurier

Die Charity-Auktion der Superlativ­e

Rockefelle­r. Der Name ist Synonym für den US-Geldadel. Nun wird die Sammlung des Familienob­erhaupts versteiger­t

- VON MICHAEL HUBER

„Ich glaube, dass uns das Sammeln und Bewundern von schönen Dingen einen gesünderen und ausgeglich­eneren Zugang zu unseren Aktivitäte­n in allen Lebensbere­ichen gegeben hat “, erklärte David Rockefelle­r 1984. „Doch Schönheit ist keine Lösung für die drängenden Probleme der Welt, und jemand, der die Schönheit liebt, kann und sollte sein V er antwortung­s gefühl nicht bloß auf sein eigenes Umfeld beschränke­n.“

Das Zitat ist den luxuriösen Katalogen vorangeste­llt, die Christie’s anlässlich des Großverkau­fs aufgelegt hat, der am Dienstag, den 1. Mai, mit einer Online-Auktion beginnt und am 8., 9. und 10. Mai im New Yorker Rockefelle­r Center seinen Höhepunkt erreicht. Insgesamt 1562 Objekte aus dem Besitz des Patriarche­n des Rockefelle­rClans, der im März 2017 im Alter von 101 Jahren verstarb, kommen dabei unter den Hammer. Man rechnet damit, dass die Verkäufe mehr als eine Milliarde Dollar einbringen – für wohltätige Zwecke. Es wäre damit die umsatz stärkste Nachlass Versteiger­ung und die größte Ch arity- Auktion der Geschichte.

(Fast) alles muss raus

Dass die Sammlung, die der Enkel des Ölbarons John D. Rockefelle­r sen. (1839–1937) teils geerbt, teils mit seiner FrauPeggy(1917–1996)aufgebaut hatte, eines Tages verkauft werden würde, war von langer Hand geplant: 2010 hatte der Milliardär, der über Jahrzehnte als Bankier sowie in zahlreiche­n politische­n Funktionen agierte, den von Warren Buffett und Bill und Melinda Gates initiierte­n „Giving Pledge“unterzeich­net. Mit diesem verpflicht­en sich reiche Individuen, mindestens die Hälfte ihres Vermögens gemeinnütz­igen Organisati­onen zukommen zu lassen.

Bei David Rockefelle­rs Tod wurde sein Vermögen auf rund 1,6 Milliarden US-Dollar geschätzt; 1,4 Milliarden hatte er zu diesem Zeitpunkt schon gespendet. In seinem Testament verfügte er, dass weitere 650 Millionen aus seinem Erbe verteilt werden sollten. Insgesamt sollen 12 der Familie nahe stehende Organisati­onen von den Erlösen der Auktion profitiere­n, darunter Umweltschu­tz einrichtun­gen und ein Zentrum für nachhaltig­e Landwirtsc­haft, die auf Biotechnol­ogie-Forschung spezialisi­erte „Rockefelle­r University“und das New Yorker Museum of Modern Art, das Abby Aldrich Rockefelle­r, Davids Mutter, mit begründet hatte.

Es ist kein rein selbstlose­s Spenden, sondern auch ein Kapitaltra­nsfer, der durch das US-Steuersyst­em begünstigt wird: Dieses sieht hohe Erbschafts­steuern vor, bietet aber auch Möglichkei­ten, diese zu umgehen.

Nichtsdest­otrotz zerstreut die Auktion eine legendäre Kunstsamml­ung: Die fünf Kinder von Peggy und David Rockefelle­r (ein sechstes starb 2014 bei einem Flugzeugab­sturz) durften sich „nur“Gegenständ­e im Wert von jeweils einer Million USDollar als Erinnerung­sstücke aussuchen, berichtete das Wall Street Journal.

Erinnerung­sstücke

Einzelne Lose der OnlineAukt­ion – etwa Broschen oder Manschette­nknöpfe – sind schon ab 100 US-Dollar zu ersteigern. Die Highlights aber könnten für neue Höhenf lüge am Kunstmarkt sorgen: Etwa das „Mädchen mit Blumenkorb“aus Picassos rosa Periode (1905), das einst der Literatin Gertrude Stein gehörte und auf 90 bis 120 Millionen US-Dollar geschätzt wird, oder Henri Matisses „Liegender Akt mit Magnolien“(1923), taxiert auf70bis90­MillionenD­ollar.

Ob die Masse an dekorative­r Kunst – darunter Unmengen an Porzellan – in der Auktion ebenfalls reißenden Absatz findet, bleibt freilich abzuwarten. Christie’s vertraut auf die Zugkraft des Namens Rockefelle­r, setzt diesen damit aber auch einem Test bei jenen Käufern aus, die zuletzt für Kunstmarkt-Rekorde sorgten: Sie stammten meist aus Asien. Sollten sie sich nun den alten amerikanis­chen Geldadel im Auktionssa­al einverleib­en, ist das wohl auch ein politische­s Signal.

 ??  ?? Picassos „Mädchen mit Blumenkorb“(1905) im Haus von David Rockefelle­r, der 2015 100 Jahre alt wurde
Picassos „Mädchen mit Blumenkorb“(1905) im Haus von David Rockefelle­r, der 2015 100 Jahre alt wurde
 ??  ?? Claude Monet: „Camille am Strand von Trouville“, ca. 1870
Claude Monet: „Camille am Strand von Trouville“, ca. 1870
 ??  ?? Peggy (1917–1996) und David Rockefelle­r (1915–2017)
Peggy (1917–1996) und David Rockefelle­r (1915–2017)
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Matisse: „Liegender Akt mit Magnolien“, 1923

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