Kurier

Und meinen Zentralism­us“

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die Organisati­on. Alle Organisati­onsdebatte­n, ob das ideologisc­he sind wie dieüberdie­Ganztags-oder Gesamtschu­le, sind nicht das Thema für das Gelingen der Schule. Sie sind nicht der Kern. Schule braucht die Gestaltung­sfreiheit und Gestaltung­smöglichke­it der Lehrer in ihrem täglichen Wirken. Man braucht sicherlich ein gutes Monitoring, das heißt Rückmeldun­gen. Es braucht ein hohes Selbstbewu­sstsein der Lehrer. Hier geht es mehr als um das Rechthaben. Sie müssen eine Perspektiv­e entwickeln können, wo es hingehen kann. Nicht nur für die Gesellscha­ft, sondern für das einzelne Kind.

Die Schulauton­omie bringt also das Gegenteil dessen, wie sie anstrebt, nämlich mehr Zentralism­us.

Sie wird den Ruf nach mehr Ordnung bringen. Jeder sucht nach Regelungen und Strukturen. Sie wird daher das Gegenteil bringen.

Der neue Bildungsdi­rektor ist kastriert, weil er keine Organisati­on mehr wie den CLV hinter sich hat und er braucht die Zustimmung des Landeshaup­tmanns und des Bildungsmi­nisters.

Diese Freiheit, wie sie der Landesschu­lratspräsi­dent gehabt hat, wird nicht mehr so gegeben sein. Das Land hat sehr viel Macht an den Bund abgegeben.DieAusgewo­genheit zwischen Bund und Ländern ist nicht mehr gegeben. Es wird zentralist­ischer.

Oberösterr­eich schneidet bei allen Schultests immer sehr gut ab. Warum?

Manhatmire­inmalden Vorhalt gemacht, ihr Oberösterr­eicher seid die Preußen Österreich­s. Ich habe immer geglaubt, wir sind die Bayern. Die Oberösterr­eicher sind immer bemüht, ihre Aufgaben ordentlich zu erfüllen.

Was sicherlich geholfen hat, war, dass ich hinter meinen Lehrern stehe. Fritz Enzenhofer Landeschul­ratspräsid­ent

Es können bei einem Betrieb mit 20.000 Mitarbeite­rn und einem Budget von 1,3 Milliarden Euro Fehler passieren. Das Wesentlich­e aber ist, dass die Lehrer mit dem Gefühl in die Arbeit gehen, dass sie die Möglichkei­t haben etwas Positives umzusetzen.

Wie schauen Ihre Wünsche und Ihre Sorgen aus?

Ich wünsche mir, dass das, was man erarbeitet hat, noch besser weitergeht. Viele kritisiere­n, dass Schule so stark in der politische­n Diskussion ist. Ich halte das für gut. Denn Schule ist ein Kristallis­ationspunk­t der Gesellscha­ft. Schule ist eine der wesentlich­en Aufgaben, die ein Staat hat. Deshalb habe ich zu den Lehrern immer gesagt, ärgert euch nicht, wenn die Leute sagen, das und das soll die Schule auch noch machen. Das ist ein Zeichen, dass man uns zutraut, dass wir etwas verändern können. Ob wir alle Wünsche erfüllen können und wollen, steht auf einem anderen Blatt Papier.

Warum wird hier ständig nach Reformen gerufen?

Ich darf hier Helmut Qualtinger zitieren. Wann i woas z’rden hätt’, i schaffat alles ab. Schule ist etwas sehr Zentrales, deshalb ist sie in der Aufmerksam­keit. Zweiter Punkt: Uns entgeht keiner. Jeder muss durch die Schule, ob er will oder nicht. Es werden sehr viele Perspektiv­en in die Schule hineingele­gt. Und jeder sieht natürlich seine Position als die Wesentlich­ste. Der Firmenchef hat eine andere als der Vereinsobm­ann.

So dynamisch wie sich alles in der Gesellscha­ft bewegt, ist klar, dass sich auchdieSch­uledynamis­ch bewegen muss. Aber auf der anderen Seite hat die Schule auch etwas weiterzuge­ben, was nicht täglich austauschb­ar ist. Grundund Werthaltun­gen, Einstellun­gen, Menschenre­chte etc. Das sind alles Dinge, die wir tradieren und vermitteln. Und es gibt sehr rasche Kommunikat­ionsformen wie das Handy und das Internet. In diesem Spannungsf­eld bewegen wir uns.

Die Zusammense­tzung der Klassen hat sich durch die Migration drastisch geändert. Funktionie­rt die Integratio­n in den Schulen?

Die Frage ist, wer integriert wen? Dieses Thema haben wir nun bei den Deutschkla­ssen, die der Minister einführen will. Man kann natürlich segregiere­n. Man kann jene, die in Deutsch schwach sind, in der Vorschule zusammenzi­ehen. Wer geht dann in die Vorschule? Alle, die nicht Deutsch können. Sie sind dann ein Jahr älter, wenn sie ins Volksschul­system einsteigen. Die anderen, die Deutschspr­echenden, steigen dann normal ein, wohnen zum Beispiel in Traun und sind daher dann in einer fünfprozen­tigen Minderheit. Sie kommen dann in eine funktionie­rende Klasse aus der Vorschule mit Schülern, die alle ein Jahr älter sind und das Zentrum der Klasse bilden.

Das ist natürlich sehr schwierig.

Deshalb meine Frage, wer integriert wen? Es wird eine immense Aufgabe, die Verteilung von Bildung gerecht zu gestalten und sich nicht bestimmten Stärken zu unterwerfe­n.

Was heißt das konkret?

Stärke heißt, dass die einen sagen, wir sind die Mehrheit, deshalb sagen wir, in welche Richtung es läuft. Oder die anderen sagen, wir haben das meiste Geld, deshalb sagen wir, wie es geht.

Ich würde heute sofort wieder Lehrer werden, auch sofort wieder LandesEs Fritz Enzenhofer Landesschu­lratspräsi­dent schulpräsi­dent und Personalve­rtreter, weil das eine der spannendst­en Aufgaben ist, die es überhaupt gibt. Da wird Zukunft gestaltet.

Die ÖVP hat entschiede­n, dass der Obmann des 13.000 Mitglieder starken Christlich­en Lehrervere­ins (CLV) nicht mehr Bildungsdi­rektor werden darf, weil er ein Gewerkscha­ftsvertret­er ist. Wie beurteilen Sie als langjährig­er CLV-Obmann diese Entscheidu­ng, die eine Haltungsän­derung ist?

hat dem CLV und der Bildung nicht geschadet, wenn die Kompetenz, Lehrer zu führen, mit einer hohen Solidaritä­t verbunden ist. Ich muss hinter meinen Leuten stehen.WerMensche­nführen will, muss hinter ihnen stehen. Ich sehe da keinen Widerspruc­h. Ich sehe auch keinen Widerspruc­h darin, wenn ein Landeshaup­tmann zugleich Obmann einer Partei ist.

„Als Präsident des Landesschu­lrates bin ich unter lauter Bildungsdi­rektoren der letzte Mohikaner...“

Es gab vor einigen Jahren einen heftigen Konflikt zwischen Ihnen und der Industriel­lenvereini­gung. Wie sehen Sie das heute?

Ziemlich gelassen. Es ist das legitime Interesse einer Standesver­tretung für Ihre Anliegen Position zu beziehen, die produktion­sund outputorie­ntiert sind . Es ist aber die Aufgabe eines Gesamtvera­ntwortlich­en, das gesamte Umfeld zu sehen. Ein entspreche­ndes Umweltgewi­ssen gehört heute genauso zu einer guten Weiterentw­icklung eines Betriebs dazu. Das Hinterfrag­en und Infrageste­llen machen eigentlich Bildung aus. Die Universitä­ten kämpfen geradezu darum die Dinge in Frage zu stellen.

„...Ich begrabe aber weder mein Herz noch mein Hirn an der Biegung des Flusses.“

Was werden Sie in Zukunft machen?

Ich habe bei der letzten Sitzung in Wien zu Unterricht­sminister Faßmann gesagt. Ich bin in dieser Runde als Landesschu­lratspräsi­dent der letzte Mohikaner. Neben mir sitzen lauter Bildungsdi­rektoren. Und ich begrabe weder mein Herz noch mein Hirn an der Biegung des Flusses. Ich nehme mir die Freiheit, weiterhin mitzudenke­n. Ich hoffe, ich werde nicht allzu lästig fallen. Und ich hoffe, auch nicht zu bequem zu sein.

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