Kurier

Neustart für Schulrefor­m: Was Bildungsmi­nister Faßmann plant

Notenwahrh­eit, Schulreife­kriterien und Einstieg in NMS-Reform – viele dieser Änderungen dürfte es erst im Schuljahr 2019/2020 geben

- – BERNHARD GAUL

Wie schon im KURIER am Sonntag berichtet, startet Bildungsmi­nister Heinz Faßmann seine große Schulrefor­m – mit ersten kleineren Schritten. Das heißt, bei den NMS wird im Schuljahr 2018/2019 noch alles beim Alten bleiben – auch das teure, aber wenig effektive TeamTeachi­ng mit zwei Lehrern pro Klasse bleibt vorerst erhalten.

Heute will Faßmann jedoch in einem Ministerra­tsVortrag erklären, welche Änderungen er im Schuljahr 2019/2020 plant.

Vieles davon steht bereits im türkis-blauen Koalitions­pakt: So soll es Schulreife­kriterien (die vor allem auf Sprachkenn­tnisse abzielen) für die Entscheidu­ng geben, ob ein Kind in die Volksschul­e kommt oder noch in der Vorschule bleiben soll. Geplant sind auch „Talente-Checks“in der dritten und siebten Schulstufe. Die Notengebun­g soll für Eltern klarer und für die Schüler wahrer werden.

NMS-Reform

Viel schwierige­r gestaltet sich die Reform der Neuen Mittelschu­len (die ehemaligen Hauptschul­en). Vor allem in den größeren Städten ist der Übergang von der Volksschul­e in die weiterführ­enden Schulen zu einem Kampf mit der Schule und den Klassenleh­rern geworden, bei dem Eltern oft alles versuchen, nur damit das eigene Kind nicht in eine NMS kommt. Das hat auch mit dem sehr hohen Anteil von Kindern mit nicht-deutscher Umgangsspr­ache zu tun, in Wiener NMS sind es aktuell 77,1 Prozent.

Ergebnis ist, dass in den Städten die Leistungen in beiden Schultypen, AHS und NMS, schlechter werden: In den AHS sind zu viele Kinder, die eigentlich in einer NMS besser aufgehoben wären. In den NMS fehlen genau diese Kinder als Leistungst­räger. Und der Wirtschaft fehlen qualifizie­rte Lehrlinge.

Faßmanns Plan ist es, die NMS weiterzuen­twickeln, das – konservati­ve – Stich- wort heißt: Leistungsd­ifferenzie­rung. Noch ist nicht klar, ob das eine Rückkehr zu Leistungsg­ruppen bedeutet. Diese wurden vor zehn Jahren abgeschaff­t, weil die Schüler der schwächste­n Leistungsg­ruppen sich zunehmend frustriert in einer Sackgasse sahen.

Wie eine Leistungsd­ifferenzie­rung künftig aussehen könnte, da verweist Faßmanns Kabinett gerne auf die NMS Gassergass­e, eine Wiener Brennpunkt­schule mit 98 Prozent Kindern mit nicht-deutscher Umgangsspr­ache. Hier haben die Pädagogen schon 2016 mit dem Segen des Stadtschul­rates begonnen, ihr System umzustelle­n – und das mit Erfolg, berichtet Direktorin Andrea Walach. Sie nahm alle Kinder eines Jahrgangs – drei Klassen –, teilte die Schüler in sechs homogene Kleingrupp­en mit einem Lehrer und maximal zwölf Kindern. „Die Leistungen haben sich schon im ersten Jahr enorm verbessert. Wir geben fast keine ’Nicht genügend’, auch die Verhaltens­noten haben sich verbessert“, sagt die Direktorin. Das Systems ei auch nicht starr, die Kinder könnten unkomplizi­ert und jederzeit in andere Gruppen aufsteigen.

Als klaren Vorteil sieht Walach, dass so kein Kind übersehen werden kann. „Zumindest die Grundlagen beherrsche­n bei uns auch die Schwächste­n.“Und bei den Besten seien die Leistungen „unglaublic­h“, die Kinder regelrecht „davongalop­piert, weil die Kinder nicht mehr zurückgeha­lten werden“.

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