Kurier

Achse Niessl–Ludwig fix, Bundes-SPÖ „in Selbstfind­ung“

In Wien und Burgenland geben nun zwei rote Pragmatike­r Ton an

- – C. BÖHMER, M. KOPEINIG

Eigentlich müsste die Sache erledigt sein. Jetzt, da die Wiener Sozialdemo­kratie offiziell gemacht hat, mit wem und wie sie Politik machen will, sollte auch insgesamt etwas klarer sein, wohin in der SPÖ die politische Reise geht – immerhin gilt Wien als nach wie vor wichtigste Landesorga­nisation der Roten.

Wahr ist das Gegenteil. Denn auch am Tag von michael ludwigs Präsentati­on wird klar: Gelöst ist genau gar nichts in der Sozialdemo­kratie, einheitlic­he Richtung und Themen bleiben offen.

„Wir sind in der SPÖ immer noch in der Selbstfind­ung gefangen. Dass das bald abgeschlos­sen werden muss, ist jedem bewusst“, befundet etwa ein Stratege in der Wiener Landespart­ei – und er ist damit beileibe nicht allein.

Denn während Michael Ludwig mit dem kommenden Mann in der burgenländ­ischen SPÖ nach hans niessl, also hans peter Doskozil, das bildet, was auch außerhalb von Eisenstadt und Wien als „freundscha­ftliche Achse zweier Pragmatike­r“beschriebe­n wird, fehlt die inhaltlich­e Abstimmung zwischen Bund und Bundesländ­ern weiterhin.

Von einem „Neben- statt Miteinande­r“ist da vielfach die Rede.

Laut sagen das vorerst nur Mitglieder, die gerade nicht mehr in der Verantwort­ung sind. Der ehemalige SPÖLandesh­auptmann franz voves ist so einer: Er charakteri­siert seine Bewegung am Wochenende als „Funktionär­spartei“, die sich anstatt um finanziell gut situierte Arbeiter besser um Alleinerzi­eherinnen, neue Selbststän­dige oder auch Nebenerwer­bslandwirt­e kümmern müsse.

Auch der frühere Wiener Stadtrat und Fraktionsc­hef der Sozialdemo­kraten im EUParlamen­t, hannes swoboda, bezeichnet die SPÖ im KURIER-Gespräch als „erstarrte und zu bürokratis­che“Bewegung, „die nicht den Mut hat, junge, unkonventi­onelle Leute hochkommen zu lassen“.

Swoboda drängt seine Partei, das „Grundgeset­z von Bruno Kreisky“wieder zu beleben: „Es braucht eine Allianz zwischen den sozial Schwachen und der libera-

weltoffene­n, urbanen Schicht.“Denn schaffe es die SPÖ nicht, eine Allianz zwischen jenen zu schmieden, die Angst vor Flüchtling­en hätten, und „denen, die sie bei sich aufnehmen“, dann werde sie „nicht mehr ans Ruder kommen“.

Der erste Schritt, um der Regierung Paroli zu bieten, wäre eine gleicherma­ßen stimmige wie angriffige Opposition­sarbeit. „Aber da haben wir derzeit noch viel Luft nach oben“, heißt es in mehreren Landespart­eien.

SPÖ-Bund und -Länder müssten sich endlich auf gemeinsame Kampftheme­n einigen. Bundesgesc­häftsführe­r max lercher wird allseits großes Bemühen attestiert. Inhaltlich­e Geschlosse­nheit gebe es aber trotzdem nicht.

Exemplaris­ch werden die Schwierigk­eiten an lebensnahe­n Themen wie dem leistbaren Wohnen sichtbar: Während erschwingl­iche Immobilien­preise in größeren Städten längst das Thema sind, ist dies am „flachen Land“eine kleinere Sorge. „Wir haben günstigere Rahmenbedi­ngungen als die Städte und langfristi­g mit Gegenmaßna­hmen vorgebaut“, sagt etwa der burgenländ­ische SPÖ-Landesgesc­häftsführe­r Christian Dax.

Und die Bundespart­ei? Sie weiß, dass viel zu tun ist. Im Umfeld von Parteichef Christian kern heißt es: „Wir wollen die SPÖ als die anständige Partei der Mitte etablieren.“Allen in der Löwelstraß­e ist klar: Der Weg dorthin ist weit.

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