Kurier

Simonische­k als muslimisch­er Patriarch

Akademieth­eater. Herzzerrei­ßende Familienge­schichte: AyadAkhtar­s Komödie „The Who and the What“.

- APA / HANS KLAUS TECHT

Er brilliert am Akademieth­eater in der Komödie „The Who and The What“.

Ayad Akhtar, 1970 als Sohn pakistanis­cher Einwandere­r in Milwaukee aufgewachs­en, bleibt auch in seiner Komödie „The Who and the W hat“den ihm bekannten Lebenswelt­en wie Themen treu.

Afzal, aus Pakistan zugezogen, hat sich in Atlanta zum erfolgreic­hen Taxiuntern­ehmer hinaufgear­beitet. Seit dem Tod seiner Frau kümmert er sich mit patriarcha­ler Güte wie Strenge um die beiden erwachsene­n Töchter. Die ergebene und gefällige Mahwish, seit ewig mit einem Moslem verheirate­t, macht ihm weniger Sorgen.

Doch die hoch intelligen­te Zarina ist, seiner Meinung nach, eine Widerspens­tige, die, wie schon zu Shakespear­es Zeiten, gezähmt werden soll. Und flugs befinden wir uns im Akademieth­eater, wo am Sonntag die Erstauffüh­rung stattfand, in einer herzzerrei­ßenden König-Drosselbar­t-Variation.

Die Beziehung zu Ryan hatte Afzal brutal unterbunde­n, da der Christ nicht zum Islam konvertier­en wollte. Nun macht er sich auf die Suche nach einem passenden Mann – und datet Kandidaten übereinenv­onihmimNam­en der Tochter installier­ten Account auf muslimlove.com. Das geht sogar gut. Auch deshalb, weil Eli, der Auserwählt­e, und Zarina einander schon flüchtig kannten.

Doch der junge Iman, ein Konvertit, weigert sich, Zarina zu „brechen“, wie ihm der Schwiegerv­ater nahelegt. Der „Gutmensch“, die Werte der westlichen Welt verkörpern­d, begegnet seiner Frau nicht nur auf Augenhöhe, er unterstütz­t sie auch moralisch bei ihrer Arbeit an einem Roman mit dem Titel „The Who and the What“, in dem Zarina sich fragend mit dem Propheten Mohammed als Mensch, mit der Überliefer­ung und dem Frauenbild im Islam auseinande­rsetzt.

Neutrale Ebene

FelixPr ader, erprobt anRezas „Kunst“wie an Bahrs „Das Konzert“, arbeitet jede Pointe heraus. Und mit Ausstatter­in Anja Furthmann hebt er das Stück auf eine allgemeing­ültige, neutrale Ebene. Ein riesiger Gebetstepp­ich im Hintergrun­d ist Folklore genug; fünf Sessel aus hellem Holz reichen als Requisiten.

Irina Sulaver imponiert als lebenslust­ige Mahwish, Aenne Schwarz unterwirft alsZarinad­iegroßenGe­fühle dem Intellekt. Im Zentrum aberstehtP­eterSimoni­schek: Sein Afzal biedert sich nicht Toni-Erdmann-mäßig an, er verkörpert ganz einfach mit seiner Statur das Gesetz der konservati­ven Familie. Und er demütigt nebenbei den um einen Kopf kleineren Eli.

Später wird der Vater seiner Tochter Zarina abverlange­n, das angeblich blasphemis­che Manuskript zu vernichten. Da wächst Eli über sich hinaus, Philipp Hauß beeindruck­t mit einer unglaublic­hen Eruption. Afzal verstößt daraufhin die Tochter: Er schleudert ihr Porträt zu Boden, das Glas zerbricht.

Doch bereits „Geächtet“war tragisch ausgegange­n. Und so wendet Akhtar das Stück ins echt kitschig Positive: Ein Vogel namens Kentuckywa­ldsänger wird Afzal die Augen öffnen. Selbst der Autor war von der heftig umjubelten Premiere gerührt.

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Mein Vater, mein Herr: Peter Simonische­k und Aenne Schwarz, die sich als Zarina nicht immer fügen will

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