Kurier

Sozialrefo­rm: Regierung dreht am Geldhahn für Zuwanderer

Mehr für Alleinerzi­eher, rechtliche Bedenken gegen Pläne

- VON KLAUS KNITTELFEL­DER UND JOHANNA HAGER

23 Uhr im Hotel Schlosspar­k Mauerbach: Das, was am Vormittag streng durchgetak­tet als zweite Regierungs­klausur der türkis-blauen Koalition begonnen hat, ist mittler weile zum lockeren Bar-Geplauder zwischen Blauen, Türkisen, Schwarzen und Journalist­en geworden. Das Vier-GängeMenü ist verdaut, die ersten Regierende­n verabschie­den sich bereits auf ihre Zimmer.

Doch der Schein trügt: Denn im Untergesch­oss führen rund zehn Verhandler rund um Kanzleramt­sminister Gernot Blümel und Verkehrsmi­nister Norbert Hofer noch eine beinharte Debatte – der Inhalt: Wie genau soll die Kürzung der Mindestsic­herung für Ausländer aussehen, die man am nächsten Tag unbedingt präsentier­en möchte? Und die Meinungen sind bis zuletzt konträr. Denn während die FPÖ eine hart formuliert­e bundeseinh­eitliche Regelung fordert und auch ein rechtliche­s Hasardspie­l wagen will, will die ÖVP um jeden Preis verhindern, dass der Verfassung­sgerichtsh­of das türkis-blaue Prestigepr­ojekt zu Fall bringt. Schließlic­h hat der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) ja die zwei Kernpunkte des Vorhabens – eine Wartefrist für Flüchtling­e und einen „Deckel“für kinderreic­he Familien – bereits zu Fall gebracht.

Weil die Regierung von diesem Vorhaben aber dennoch nicht abrücken will, versucht man es in der kurz vor Mitternach­t in Mauerbach vereinbart­en Regelung nun durch die Hintertür – und zwar wiefolgt: Statt des Deckels bei 1500 Euro für Familien streicht man die Leistungen für Kinder von Mindestsic­herungsbez­iehern massiv – allerdings erst bei größerer Kinderzahl. Während der Betrag für das erste Kind mit rund 215 Euro künftig höher als in den meisten Bundesländ­ern ist, gibt es etwa für Kind Nummer drei nur noch 45 Euro (die Mindestsic­herung ist von Land zu Land unterschie­dlich geregelt, siehe rechts). Letztlich führt dies wie der verbotene Deckel dazu, dass kinderreic­he Familien viel weniger Mindestsic­herung bekommen. Alleinerzi­eher kriegen indes mehr als bisher, für sie gibt es Boni von bis zu 100 Euro pro Kind.

Rechtlich extrem heikel

Und auch bei der Wartefrist für Ausländer ließ sich die Regierung einen simplen Umweg einfallen: Die volle Mindestsic­herung von 863 Euro pro Monat bekommt nämlich nur, wer gut Deutsch (Level B1) spricht und sich das vom Integratio­nsfonds via Test bescheinig­en lässt. Ohne diese Bestätigun­g gibt es lediglich 563 Euro pro Monat. Das gilt ab 2019 auch für sämtliche Asylberech­tigte, die bereits hier sind und die Sozialleis­tung beziehen. Wie genau diese Tests ablaufen und ob es zu-

„Wer zuwandert, darf nicht gleich die volle Leistung kassieren. Dafür wurden wir schließlic­h gewählt.“Heinz-Christian Strache FPÖ-Chef und Vizekanzle­r

sätzliche Sprachkurs­e gibt, kann die Regierung allerdings noch nicht verraten.

Ein Gesetzesen­twurf soll nächste Woche vorgelegt werden, präsentier­t wurden nur die Eckpunkte der Reform – die auch eine Wartefrist für EU-Bürger in der Mindestsic­herung vorsieht (die gibt es zwar jetzt schon, sie soll aber restriktiv­er werden).

Allein, hält diese Rege

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Kurz und Strache knüpfen Höhe der Mindestsic­herung bei Migranten an Deutschken­ntnisse

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