Türkis-blauer Ministerrat in Brüssel
Nach Jahren heftiger FPÖ-Kritik ist die Regierung im Zentrum der EU auf Friedensmission
Es soll das erste Stelldichein von Türkis-Blau in Brüssel sein, bevor Österreich in drei Wochen für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt: Kanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler HeinzChristian Strache und sämtliche Minister halten heute ihre wöchentliche Regierungssitzung nicht im Kanzleramt, sondern in Brüssel ab – und zwar zum ersten Mal überhaupt, denn bei den vergangenen EU-Präsidentschaften Österreichs verzichtete man auf diese PR-Aktion.
Der Tag beginnt für die Regierung um 10 Uhr in der Ständigen Vertretung Österreichs mit einer Ministerratssitzung zum EU-Vorsitzprogramm, danach wird zur Pressekonferenz geladen. Gegen Mittag trifft Kurz den Präsidenten der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, zu einem Arbeitsgespräch – im Anschluss daran steht ein „Arbeitsmittagessen“mit der Kommission auf dem Terminplan. Will heißen: Türkise und blaue Minister speisen mit EU-Kommissaren, um in relativ lockerer Atmosphäre dieses und jenes besprechen zu können. Höhepunkt des Brüssel-Ausfluges der Regierung ist dann schließlich ein gemeinsamer Auftritt von Kurz und Juncker am späten Nachmittag. Inhaltlich birgt die Sitzung keine heiklen Materien, hieß es im Vorfeld.
Im Fokus steht bei dieser Kurz-Reise also vor allem eines: Das Vermitteln purer Harmonie zwischen Türkis, Blau und Europa. Und das just an jenem Ort, der über viele Jahre und Wahlkämpfe im Zentrum heftiger blauer Kritik an der EU war. So wurde von der FPÖ bereits ein Ende des Euro gefordert und eine Abstimmung über einen EU-Austritt Österreichs verlangt, Brüssel wurde „Korruption, Betrug und Geldvernichtung“vorgeworfen und nicht selten firmieren Beamte der Union im Sprachgebrauch der Freiheitlichen schlicht unter der Bezeichnung „EUChaoten“(siehe Zitate).
In zwei Wochen spielt die Regierung indes neuerlich auswärts: Für einen gemeinsamen Auftritt mit der bayrischen Regierung wurde der Ministerrat nach Linz verlegt.