EU-Asylreform ist tot: „Italien ist nicht mehr Flüchtlingslager Europas“
Streit um Flüchtlingsverteilung prolongiert. EU-Innenminister finden keinen Kompromiss, EU-Ratsvorsitzland Österreich erbt nun das heikle Thema
Er war gar nicht dabei – und doch höchst zufrieden. „Das ist ein Sieg Italiens“, triumphierte Roms neuer Innenminister Matteo Salvini nach dem Scheitern eines neuerlichen Versuchs der EU-Innenminister, sich auf eine gemeinsame Asylrechtsreform zu einigen. Dem Treffen der Minister in Luxemburg war der Chef der rechtspopulistischen Lega fern geblieben. Doch seine unmissverständliche Botschaft hatte Salvini schon vorausgeschickt: Die Zustimmung Italiens zur geplanten europäischen Asylrechtsreform wird es nicht geben. „Italien wird nicht mehr das Flüchtlingslager Europas sein“, donnerte er.
13.700 Flüchtlinge sind heuer über das Mittelmeer nach Italien gekommen. Weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Doch Italien, ebenso wie Griechenland und Spanien legen sich vehement dagegen quer, dass die ankommenden Flüchtlinge nach den geltenden „Dublin-Regeln“der EU im ersten EU-Staat, den sie betreten, um Asyl ansuchen und dort bleiben müssen. Denn das bedeutet: Spanien, Italien und Griechenland tragen die größte Last.
Quoten „Pull-Faktor“?
Seit zwei Jahren ringen die 28-EU-Staaten um eine Reform des europäischen Asylwesens: Südeuropa soll entlastet, die Flüchtlinge gerecht in der EU verteilt, die Asylverfahren vereinheitlicht und beschleunigt werden. Doch wo der Süden Europas mehr Solidarität von den anderen EU-Staaten einfordert, legen sich die vier Visegrád-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei quer. Sie lehnen es ab, Flüchtlinge aufzunehmen.
Auch Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) ist auf diese Linie eingeschwenkt. Über Quoten bei der Flüchtlingsverteilung will er nicht mehr reden. Die sieht er als „PullFaktor“, also als Anreiz für Flüchtlinge, sich auf den Weg zu machen.
Auch den jüngsten Vorschlag der bulgarischen Ratspräsidentschaft, der eine moderate Form der Flüchtlingsverteilung vorsah, lehnte Kickl in Luxemburg ab.
Damit scheint die Suche nach einer gemeinsamen Asylpolitik so gut wie klinisch tot: Starre Fronten, Streit. Der Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs wird das Thema Ende Juni noch einmal aufgreifen. Weil aber auch dort kein Kompromiss zu erwarten ist, wird es die österreichische Ratspräsidentschaft erben.
Innenminister Kickl verspricht dabei einen „Paradigmenwechsel“, sogar „etwas Ähnliches wie eine kleine kopernikanische Wende im Bereich des Asylsystems“.
Sein Fokus wird dabei auf dem Schutz der EU-Außengrenzen liegen. Mit diesem Ziel weiß Kickl auch den italienischen Hardliner Salvini hinter sich: Die EU-Außengrenzen dichter machen, die Migration möglichst zurückdrängen. Und Asylsuchende sollen ihr Ansuchen am besten außerhalb der EU stellen.
Offen bleibt damit jedoch die Frage, wo Flüchtlinge aufgenommen werden, sollten sie trotz allem nach Europa gelangen.