Kurier

Bayern kocht sein eigenes Asyl-Süppchen

Skandal um Flüchtling­samt. Söderrecht­fertigtsos­einenAsylp­lan,Opposition­willMerkel­heutestell­en

- – S. LUMETSBERG­ER, BERLIN

Im Skandal um das Bundesflüc­htlingsamt – Bamf (Mitarbeite­r der Bremer Außenstell­e sollen zwischen 2013 und 2016 mindestens 1200 Asylbesche­ide manipulier­t haben) – wittern gleich mehrere Fraktionen ihren Nutzen. Während die AfD oder FDP am liebsten sofort einen U-Ausschuss zum Tribunal für Merkel machen würden, rechtferti­gte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) damit seinen neuen Asylplan. Der Bamf-Skandal sei ein „Sinnbild für die gesamte Flüchtling­spolitik“, das Vertrauen der Menschen erschütter­t. Und er wolle es – vier Monate vor Bayerns Landtagswa­hl – mit seinen Maßnahmen zu- rückgewinn­en, so der Subtext: Mit sieben sogenannte­n Ankerzentr­en in ganz Bayern würde man Asylverfah­ren beschleuni­gen – ungeachtet der Kritik vieler Experten, dass Massenlage­r zu Probleme führen. Zudem soll es keine Geldleistu­ngen für Asylbewerb­er mehr geben, sondern nur noch Sachleistu­ngen.

Und bei Bedarf werde man Abschiebef­lüge in Eigenregie durchführe­n bzw. jene Polizisten, die dafür geschult werden müssen. „Wir wollen zeigen, dass unser Rechtsstaa­t funktionie­rt und dadurch auch Vorbild in Deutschlan­d sein kann“, kündigte Söder an. Damit preschte er seinem CSU-Chef und Innenminis­ter Horst Seehofer vor, er wollte in dieser Woche ebenfalls seinen „Asyl-Masterplan“für den Bund vorstellen.

Seehofer will auf klären

Seehofer, vergangene Woche zu den Vorfällen im Bamf befragt, gab sich kämpferisc­h, forderte lückenlose Aufklärung und witterte ebenfalls eine Chance für seine Reformen: Der Plan von bundesweit­en Asylzentre­n steht zwar im Koalitions­vertrag, doch einzelne Bundesländ­er sowie Teile der SPD stellen sich dagegen. Angesichts der Debatte ums Bamf und dem öffentlich­en Druck ließe sich sein Vorhaben derzeit besser verkaufen.

Wie die Kanzlerin die Vorfälle für sich nützt, wird sich heute, Mittwoch, zeigen. Erstmals stellt sich Merkel den Fragen der Parlamenta­rier. Dass sie denen nun drei Mal im Jahr Rede und Antwort steht, hat die SPD in den Koalitions­vertrag reklamiert. Angesichts der Entwicklun­gen ist die Freude in der Opposition groß. Sie sehen die Gelegenhei­t, gleich überhaupt mit Merkels Flüchtling­spolitik abzurechne­n. Für einen U-Ausschuss brauchen FDP und AfD aber einen dritten Partner – nicht auszuschli­eßen, dass sie auch bei Merkels Koalitions­partner SPD fündig werden.

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